Reisejournalistin Lea Hajner hat viele schöne Orte auf der Welt gesehen – und doch fühlt sie sich nirgends so zu Hause wie im Gebirge. Hier verrät sie uns, warum. Außerdem: ihre besten Tipps für Routen, Almen und Hütten
Als Stadtkind vergisst man den Wald manchmal. Zu fern des Häuserdickichts liegt er, und zeigen sich im Frühling die ersten Sonnenstrahlen, gibt man sich viel zu schnell mit seinem billigen Abklatsch – dem Park – zufrieden. Erst wenn man wieder durch einen echten Wald stapft, erinnert man sich an ihn. Den vertrauten Geruch des weichen Waldbodens, die großen Ameisenhaufen am Wegesrand, seine anderen Bewohner, die sich hie und da blicken lassen. Und mit dem Wald gerät etwas aus dem Fokus, was eigentlich unübersehbar ist: die Berge. Doch: zu unbequem, zu unbezwingbar. Dachte auch ich, bis ich sie vor einigen Jahren wiederentdeckte. Zunächst als Ausgleich zum stressigen Büroalltag, dann als "Sportplatz" mit Panoramablick. Und schließlich sogar als neuen Wohnort (und zwar Innsbruck).
Obwohl ich als Reisejournalistin viele wunderbare Flecken dieser Erde kennengelernt habe, so viel Vertrautheit, Herausforderung und Lebensfreude habe ich nirgends erlebt. Vielleicht liegt es ja am Achensee. Als ich ihm zum ersten Mal über den Weg lief, war ich acht, hatte eine eingegipste Hand und machte mit meinen Eltern Sommerurlaub. An einem sonnigen Tag wanderten wir einem schmalen Weg am See entlang zur Gaisalm. Meine Mutter befürchtete ständig, ich könnte abstürzen, aber mir war höchstens das Schwimmverbot (mit Gips) ein Dorn im Auge. Woran ich mich aber vor allem erinnere, sind die blühenden Almwiesen, der glitzernde See, der Blick auf die Bergspitzen des Rofangebirges.
Und das Gefühl, als wir nach langer Wanderung endlich die Hütte erreichten und uns mit dampfenden Knödeln und Sauerkraut belohnten. Diese Form von Genuss kannte ich bis dahin noch nicht. Sie gefiel mir. Dieses Gefühl kehrte zurück an meine Seite, als ich wieder anfing, auf Gipfel zu steigen. Ganz gleich, wie hoch sie sind. Denn nichts macht mich zufriedener, als mit Freunden quatschend einen Berg zu erklimmen. Außer vielleicht der Moment am Ende des Tages, wenn ich aus dem Tal zurück auf den Berg blicke und weiß: Da oben war ich. Und: Ich komme wieder.
Tipps für Wandertouren
"Ufogel" in Osttirol, Österreich
Umringt von Bauernhöfen steht auf einer blühenden Wiese der "Ufogel" (l.) und blickt auf die Lienzer Dolomiten. Die ungewöhnliche Ferienwohnung hat mehrere Schlafplätze und eine gemütliche Küchenbank mit Panoramafenster. Hier kann man morgens seinen Kaffee trinken und dabei den Kühen des Nachbarbauern zuwinken. Einmalig!
"Hotel Schafbergspitze" Salzkammergut, Österreich
Mit der historischen Zahnradbahn geht es auf den markanten Gipfel, hoch über der Seenlandschaft des Salzkammerguts. Das "Hotel Schafbergspitze" thront auf 1783 Metern am Rand der schrägen Bergwiese, hinter ihm geht es vertikal über den Fels hinab ins Tal.
Gschlösstal, Osttirol
Mit der Pferdekutsche ins Tal? Das gönnen sich nicht nur faule Wandersleute, sondern auch Großvenediger-Besteiger, die vom Talschluss aus einen der höchsten Berge Österreichs in Angriff nehmen. Für einen Tagesausflug mit der Familie kann man im urigen Örtchen Innergschlöss eine Rast einplanen, einen Abstecher zur Gletscherzunge machen oder gemütlich am malerischen Gschlössbach (l.) entlang aus dem Tal wandern.
Gaisalm See-Wanderung am Achensee, Tirol, Österreich
Die Gaisalm ist nur zu Fuß oder per Schiff erreichbar. Der Wanderweg schlängelt sich direkt am Seeufer entlang, ohne dabei viele Höhenmeter zu überwinden. Dem türkisblau schimmernden Achensee kann man gar nicht widerstehen – man muss einfach reinspringen.
Appenzell
Wanderungen über sanfte Hügel vorbei an posierenden Kühen und kitschig-schönen Berggasthöfen. Das Appenzell wartet mit allem auf, was man sich als Wanderer erhoffen kann. Inklusive Verkauf frischer Butter und der berühmten Mutschli-Käselaibe direkt auf den Almen. Hier wird auch der Brauch des Betrufs noch gepflegt. Dafür singt der Senner abends durch einen Holztrichter ein Gebet und bittet um Gottes Segen.
"Gostner Schwaige", Seiser Alm, Südtirol
Die urige Alm liegt mitten auf dem größten Hochplateau Europas mit Blick auf die Dolomiten. Der ehemalige Haubenkoch Franz Mulser zaubert hier in seiner kleinen Küche herrlich leckere Gerichte und verwendet dabei regionale Kräuter und Blüten. Die Pfifferling-Speck-Knödel gehören sicherlich zu den besten der Welt.
Dellacher Alm, Kärnten
Grüne Almen, frei laufende Kühe, Pferde, Schafe, Ziegen – auf der Dellacher Alm ist immer ordentlich etwas los. Und wer brav wandern geht, darf sich zur Belohnung den legendären Kaiserschmarren im "Almgasthaus Pipp" bestellen.
Lea Hajner, Reisejournalistin und -bloggerin (Escape Town), ist gebürtige Wienerin, wohnt aber jetzt in Innsbruck, aus Liebe zu den Bergen.