Weniger Job, mehr Zeit für mich
Die meisten Frauen arbeiten gern und voller Engagement. Doch manchmal fragen sie sich, wann noch Zeit für die anderen wichtigen Lebensdinge ist. Dazu gibt es ein paar Ideen
60 Prozent der Deutschen wünschen sich weniger Stress
Neulich war ich bei meinen Eltern zu Besuch und stand vor diesem Foto aus den 1980er-Jahren. Darauf ist mein Vater zu sehen, wie er zusammen mit anderen bei einer Gewerkschaftsdemo ein Transparent in die Höhe hält, auf dem sie die 35-Stunden-Woche fordern. Den Blick auf dem Bild hat mein Vater noch heute, wenn er erzählt, wie sie es damals „den Bossen gezeigt haben“ und wie er am Ende jeden Tag eine Stunde früher nach Hause gehen konnte, wo er Zeitung las, sich mit meiner Mutter unterhielt oder Pfeife rauchend dasaß und nachdachte.
Mehr Zeit für die Familie, Hobbys, Freunde vs. Karriere-Knick
Mein Vater ist Metallarbeiter. Ich weiß noch, wie sehr ich ihn als Kind für den Mut bewunderte, es mit mächtigen Männern in Anzügen aufzunehmen. Und ich weiß auch noch, dass mir dieses Foto mit Ende 20 nur ein müdes Lächeln abrang. Ich arbeitete in meinem Traumjob. 40 Wochenstunden standen im Vertrag, meist wurden es 50 oder mehr. Meine Arbeit kam gut an, ich konnte mir eine nette Altbauwohnung leisten, Urlaube, Restaurantbesuche. Der Mann auf dem Foto erschien mir wie ein hoffnungsloser Romantiker. Seine Bereitschaft, zugunsten von weniger Arbeit auf mehr Geld zu verzichten? Naiv. Die 35-Stunden-Woche? Antiquiert. Inzwischen weiß ich: Mein Vater war seiner Zeit voraus. Weniger arbeiten, mehr leben – das wollen wir heute fast alle. 60 Prozent der Deutschen wünschen sich weniger Stress, 55 Prozent mehr Zeit für die Familie und 48 Prozent mehr Zeit für sich selbst. Stattdessen arbeiten wir so viel wie seit rund 20 Jahren nicht. Die Folgen bekommen wir jeden Tag zu spüren. Der Rücken schmerzt vom vielen Sitzen – nur wann mit dem Pilates-Training anfangen? Endlich ein Coaching-Seminar besuchen, um die vielen beruflichen Interessen und Talente noch auszuschöpfen – bloß wie unterbringen in dem vollgestopften Terminkalender?