Die drei Gewinner des Krimiwettbewerbs von EMOTION und Peek & Cloppenburg KG. Der dritte Platz: Marina Köhler.
In Heft 10/2011 riefen EMOTION und die Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf zu einem Schreibwettbewerb auf: Drei Krimis der Autoren Oliver Pötzsch, Elisabeth Herrmann und Hanna Winter warteten darauf, vollendet zu werden. Die Autoren der zwei besten Geschichten werden mit einem Treffen mit den Bestseller-Autorinnen Elisabeth Herrmann und Hanna Winter belohnt.
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Recht herzlich bedanken wir uns auch bei den anderen Teilnehmern für ihre Kreativität und die tollen Geschichten.
Platz 3: Marina Köhler mit "Mord auf dem Galgenberg". Plus Interview mit der Drittplatzierten.
Das Original: Mord auf dem Galgenberg
von Oliver Pötzsch
Der Mann am Galgen war klein und gedrungen, der Oktoberwind ließ ihn wie eine mit Stroh gefüllte Vogelscheuche langsam hin und her pendeln. Magdalena Kuisl zog sich fröstelnd ihr Tuch über die Schultern und blickte hinauf zum Galgenhügel, der direkt an der Landstraße nach Hohenfurch lag. Als Tochter des Schongauer Henkers war ihr der Anblick von Toten zwar vertraut, trotzdem schien von der Leiche dort oben ein eigenartiger Sog auszugehen: Fast schien es, als würde ihr der Tote zuwinken. Ihr Vater selbst war es gewesen, der den Meurer Hans, einen landesweit bekannten Räuber und Brandstifter, erst gestern hier gerichtet hatte. Das Volk war von überall her zusammengelaufen, sämtliche Roggenfelder rund um den Hügel hatten die Menschen niedergetrampelt; doch jetzt, so früh am nächsten Morgen, herrschte eine fast gespenstische Leere, die durch den aufsteigenden Nebel noch verstärkt wurde. Magdalena war unterwegs zur alten Hebamme Katharina Daubenberger, um von ihr das so seltene Liebfrauenpulver zu kaufen. Als sie nun erneut hinauf zum Galgenhügel sah, stutzte sie plötzlich. Erst nach einigen Augenblicken fiel ihr auf, was nicht stimmte. Der Mann, der dort oben im Wind baumelte, war nicht Hans Meurer. Es war ein Fremder.
...
... und so geht es weiter:
von Marina Köhler
Magdalena erstarrte und tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Wie war das möglich? Wer hatte die beiden Leichen ausgetauscht? Sollte sie zurückkehren und ihren Vater informieren?
Magdalena zögerte, Hohenfurch lag noch weit entfernt und sie war bereits über eine Stunde unterwegs. Zudem würde ihr Vater diesen makaberen Scherz sicher bald selbst bemerken und was könnte sie schon tun. Sie gab sich einen Ruck und setzte ihren Weg fort, nicht ohne immer wieder über die Schulter auf den Galgenberg zu schauen. Die ganze Sache war unheimlich, es war als würde eine böse Macht von dem Gehängten ausgehen. Böse Macht? Sie lachte bitter auf, jetzt redete sie schon wie die Leute aus dem Dorf, die nichts Besseres zu tun hatten, als überall dunkle Magie zu sehen, und die selbst sie hinter ihrem Rücken als Hexe bezeichneten. Aber was konnte sie erwarten? Galt Scharfrichter doch als unehrlicher Beruf und den Töchtern des Standes blieb nichts übrig als halb verrufene Tätigkeiten wie die Naturheilkunde zu wählen. Sie half so vielen Menschen mit ihrer Arbeit und doch war sie als verdorben verschrien. Die Menschen fürchten, was sie nicht verstehen. Magdalena versuchte, die Gedanken abzuschütteln und beschleunigte ihren Schritt. Möge das am Galgen auch ein anderer Toter sein als der Meurer Hans – tot blieb tot. Und sie sollte es nicht weiter beschäftigen.
Magdalena war müde, als sie sich auf den Heimweg machte. Er war beschwerlich. Sie hatte einige Zeit auf Katharina warten müssen, da diese bei einer Geburt war. Ihre Füße brannten und sie sehnte sich nach einer Pause. Als sie nun nach weiteren drei Stunden wieder in Schongau eintraf, war von der morgendlichen Stille und Einöde nichts mehr geblieben. Das ganze Dorf war in heller Aufregung und der Galgenberg versank in einer dunklen Wolke. Der Fremde war vom Galgen genommen worden, doch war dies nur noch Nebensache. Magdalena folgte der Quelle des tiefschwarzen Rauches und erstarrte. Das Haus des Medicus brannte lichterloh, die Flammen hatten bereits auf die Nebengebäude übergegriffen und die Menschen mit den Wassereimern fochten einen hoffnungslosen Kampf. Die Müdigkeit war vergessen und sie lief auf das brennende Gebäude zu, in der Hoffnung nicht das Schlimmste zu erleben, doch der Geruch nach verbranntem Fleisch verriet ihr bereits, dass wohl jede Hilfe zu spät gekommen war.
Fortsetzung der Geschichte
Plötzlich spürte sie eine starke Hand auf ihrer Schulter und erschrak. "Magdalena! Bleib, hier kannst du nichts mehr tun." Sie wandte sich um und sah in das ernste Gesicht ihres Vaters. "Vater! Was ist nur geschehen? Und der Mann am Galgen, wer war..." Er gab ihr mit einer knappen Handbewegung zu verstehen, dass sie schweigen solle. "Keiner kann sagen, was hier vor sich geht. Die Leiche des Meurer ist verschwunden, ein Wirt aus Güldenstatt hat seinen Platz am Galgen eingenommen. Er war bereits tot, als man ihn aufgeknüpft hat. Das Haus des Medicus wurde angezündet, es scheint, als wurden zuvor wertvolle Gegenstände geraubt. Das Feuer hat ihn ihm Schlaf erwischt." Magdalena hörte einen lauten Schlag, und als sie sich umdrehte, sah sie gerade noch, wie die Reste der einst stattlichen Villa des Arztes endgültig in sich zusammenfielen.
Es war dunkel geworden in Schongau und eine gespannte Stille hatte sich über die Gassen gesenkt. Niemand war auf der Straße zu treffen, die Menschen hatten Angst und versanken in düsteren Gedanken. Schnell war das Verschwinden der Leiche des Meurer mit der Brandstiftung und dem Raub in Verbindung gebracht worden, wie sonst wären diese beiden Geschehnisse zu erklären? Von Geistern und Rache war die Rede, und schließlich hatte sich die Angst der Menschen in Form von Wut gegen ihren Vater gewendet. Er habe bei der Hinrichtung wohl etwas falsch gemacht, vielleicht habe er sich gottlos verhalten und in den letzten Wochen einen falschen Platz in der Kirche eingenommen. Ihr Vater hatte sich mit finsterem Schweigen abgewandt und war in seine Werkstatt gegangen und seitdem nicht mehr von dort aufgetaucht, nur Schleifgeräusche und Geklapper waren zu hören. Sie selbst hatte Salben für verletzte Helfer erstellt und begab sich nun in ihre Kammer. Wirre Bilder vom Galgenberg und den Flammen schossen ihr durch den Kopf, doch die Müdigkeit war stärker, und so schlief sie erschöpft ein.
Auf der Brust des Pastors waren blutige Buchstaben
Magdalena wusste nicht, ob Stunden oder Minuten vergangen waren, als laute Stimmen sie aus ihrem Schlaf rissen. Das ganze Dorf schien auf den Beinen zu sein und von der nächtlichen Stille war nichts mehr zu spüren. Hatte sie verschlafen? Aber nein, es war nach wie vor dunkel um sie herum. Magdalena lief zu dem kleinen Fenster Ihrer Schlafkammer und blickte erneut auf lodernde Flammen. Auf der Anhöhe des Kirchenberges bildeten sie einen züngelnden Kreis und erhellten die sternenlose Nacht. Einige Männer liefen mit Wassereimern beladen darauf zu, sie hörte Frauen und Kinder weinen. Schnell hüllte sie sich in ihre Tageskleider, griff nach der Brandsalbe und lief in das Zimmer ihres Vaters. Sein Bett war jedoch unbenutzt und auch in der Werkstatt konnte sie ihn nicht finden. Vielleicht war er bereits beim Ort des Unglücks. Hastig stolperte sie durch die aufgeregte Menge, bis sie den Feuerkreis erreicht hatte. Männer versuchten zu löschen, doch der Weg zum nächsten See war weit und die Arbeit beschwerlich. Zumindest an einer Seite hatte man die Flammen eindämmen können, und von dort hörte sie nun aufgeregte Stimmen. "Dort liegt jemand. Es ist der Pastor! Gott möge ihn von den Flammen verschont haben!"
Eifrig liefen einige Helfer in den brennenden Halbkreis und zogen die leblose Gestalt nach draußen. Da der Pastor weit in der Kreismitte gelegen hatte, hatten ihm die Flammen noch nichts anhaben können. Doch schwarze Asche bedeckte ihn und der Qualm musste bereits in seine Lungen geströmt sein. "Holt den Henker! Wir brauchen ärztliche Hilfe." Waren Scharfrichter auch nicht als wirkliche Ärzte anerkannt, so wussten sie doch viel über die Anatomie des Körpers und aufgrund des Todes des Medicus war Magdalenas Vater nun der einzige mit medizinischen Kenntnissen im Ort. Sie hatte ihn bisher nicht sehen können in dem Gewimmel der Menschen, doch irgendjemand schob ihn nun auf den Körper des Pastors zu. Er bückte sich, fühlte den Puls, prüfte die Atmung. Dann fiel sein Blick auf die Brust des Mannes und er stutze. "Hier ist Blut. Wir müssen das Kleid des Pastors öffnen." Er zog ein Messer aus seiner Hose, öffnete das Gewand und schob es auf die Seite. Plötzlich erfüllte Totenstille die Anhöhe und nur das Knistern der Flammen war noch zu hören. Auf der weißen Brust des Pastors waren blutige Buchstaben zu sehen, jemand schien die Wunden nach der Tat gereinigt zu haben, denn die Ränder waren deutlich zu erkennen. Magdalena trat zögernd an die Leiche des Pastors heran und konnte mühsam lateinische Worte erkennen: Superbientum animus prosternet. Zwar hatte sie durch Beobachtung des Vaters das Lesen halbwegs erlernt, doch der lateinischen Sprache war sie nicht mächtig. "Was mögen diese Lettern nur heißen?", murmelte sie mehr zu sich als zu jemand anders, als ein Schatten über sie fiel. Es war der Kirchengehilfe, der mit wildem Blick auf sie herabsah. "Weiche, Weib. Wie kannst du es als Frau, als Hexe wagen, einen Diener des Herrn zu berühren." Er schubste sie grob zur Seite und beugte sich dann über den Pastor. "Superbientum animus prosternet – Hochmut kommt vor dem Fall", hörte sie ihn noch flüstern, bevor sie von mehreren Männern mit wütenden Worten fortgejagt wurde.
Die Stimmung im Dorf war düster und von Angst geprägt. Die Ermittlungen hatten lediglich ergeben, dass aus dem Haus des Medicus ein großes Vermögen gestohlen worden war, es gab jedoch keinen Hinweis auf den Brandstifter und Mörder des Pastors. Die Menschen im Dorf waren sich einig, dass es der Meurer Hans gewesen sein musste, zu offensichtlich war der Zusammenhang. Da sie ihn aber hatten sterben und hängen sehen, konnte es sich nur um einen Geist handeln, die Kirche sprach gar von dem Besuch des Teufels persönlich und dass das Jüngste Gericht nahe sei. Die Menschen stürzten sich in ihre Gebete und in ihren Glauben und damit auch in Ablehnung gegen alles, was ihnen schlecht oder unverständlich war. Ihr Misstrauen und ihre Wut hatten sich stark gegen Magdalenas Vater gewandt, immerhin hatte er die Hinrichtung durchgeführt und so wurde er mehr gemieden denn je.
Der Fels löste sich, sie rutschte den Hang hinunter
Magdalena ging dazu über, ihre Kräuter in erster Linie nachts zu sammeln, sie war die Blicke der Dorfbewohner leid. Und so schlich sie oft in der Dunkelheit mit einer Fackel und schützenden Kräutern um den Hals hinaus. In dieser Nacht war sie tief in Gedanken versunken weit gelaufen und plötzlich sah sie sich dem Galgenhügel gegenüber. Der Balken wirkte in der Finsternis bedrohlich, Magdalena fröstelte und wäre am liebsten davon gelaufen. Doch derselbe dunkle Sog, der damals von dem Gehängten ausgegangen war, schien sie jetzt zum Hügel zu ziehen.
Sie zögerte. Was sollte sie dort finden, was den anderen bisher entgangen war? Andererseits, hier hatte das Unheil seinen Lauf genommen, wenn es nur einen Hinweis gäbe und das Grauen ein Ende finden würde... Ihr Vater war in düsteres Schweigen verfallen, und wenn die Dorfbewohner sie weiter ablehnten, würde sie nicht einmal mehr den kargen Verdienst aus ihrer Heilkunde haben. Magdalena zwang sich, die Angst in ihrem Inneren zu ignorieren und lief vorsichtig auf den Galgenhügel zu. Es war ruhig und einsam dort und trotz Fackel konnte sie wenig erkennen. Sie spürte den rauen Wind auf ihrem Gesicht und tastete sich vorsichtig voran, als sich plötzlich ein Fels unter ihr löste und sie ohne Halt den Hang hinunterrutschte, bis sie unsanft einige Meter tiefer in einem dichten Gebüsch zu liegen kam. Benommen rieb sie sich den Kopf und die Glieder, jeder einzelne Knochen schmerzte und sie hatte keine Ahnung, wie sie den Berg wieder hinaufkommen sollte. Zum Glück hatte sich die Fackel in einem Vorsprung verfangen und spendete ihr so noch Licht. Magdalena stolperte darauf zu, doch dann wusste sie nicht was sie tun sollte. Rings um sie herum waren nur Büsche und die platt getretenen Wege des Hügels waren auf der anderen Seite und gut drei Meter über ihr. Sie verfluchte die Idee hergekommen zu sein und tastete sich vorsichtig an den Felsen entlang, in der Hoffnung irgendwo einen Aufstieg zu finden.
Plötzlich stolperte sie und stutzte. Was war das? Sie senkte die Fackel und entdeckte tatsächlich einige Bretter. Magdalena bückte sich und strich über das Holz, die Latten waren zweifelsohne von Menschenhand hier angebracht worden. Ohne auf die Angst, die ihr Herz zum Rasen brachte, zu achten, begann sie an den Brettern zu drücken und zu schieben, bis sie schließlich die erste und dann drei weitere gelöst hatte. Sie spürte wie das Blut durch ihren Körper raste und gleichzeitig ein kalter Hauch über ihren Nacken lief. Vor ihr lag ein schmaler Tunnel, breit genug, um hineinzukriechen.
Fortsetzung & Interview mit Gewinnerin Marina Köhler
In Magdalena sträubte sich alles und eine bohrende Stimme in ihr riet schnellstmöglich zu fliehen. Was hatte sie hier gefunden? Sollte sie nicht einfach einen Weg zurück suchen und morgen mit ihrem Vater wieder herkommen? Andererseits wollte er nichts mehr von den Geschehnissen hören und wer sonst im Dorf würde ihr glauben und ihr hierher zu dem verfluchten Hügel folgen? Auch wenn ihre Angst sich inzwischen in Panik gesteigert hatte, wusste sie, dass sie zu weit gegangen war, um nun einfach umzukehren. Sie holte tief Luft, schob dann die Fackel vor sich in die Höhle und kroch auf allen vieren hinein. Schon nach kurzer Zeit raubte ihr ein süßer, schwerer Geruch den Atem, ein Geruch, den sie nur zu gut kannte – es roch nach Verwesung. Sie spürte Übelkeit in sich aufsteigen und in ihrem Kopf begann es sich zu drehen. Sie versuchte, Halt an den Gangwänden neben sich zu finden, doch die Bewegung ging ins Leere. Panisch und voller Ekel tastete sie weiter, bevor sie die Fackel wieder aufnehmen konnte, um die Stelle vor sich zu beleuchten. Der schmale Gang hatte sich in einen kleinen, gut zwei Meter breiten Raum geöffnet. Der Verwesungsgeruch war nun kaum mehr zu ertragen und nur wenige Zentimeter vor sich sah sie nun auch den Grund. Mit den Füßen zu ihr gewandt lag dort eine männliche Leiche und soweit man es von den Kleidern noch beurteilen konnte, handelte es sich dabei um keinen anderen als Hans Meurer.
Magdalena spürte wie sich die kleinen Härchen in ihrem Nacken aufstellten. Nun gab es endgültig keine Zweifel mehr, dass der Meurer Hans tot war, dem Zustand seines Körpers nach zu urteilen, auch seit dem Tag, an dem er gehängt worden war. Magdalena glaubte in den Augenwinkeln etwas glitzern zu sehen und wandte den Blick nach rechts. Erneut stockte ihr der Atem: In einer Ecke der Höhle befanden sich goldene Becher, Schmuck und eine verzierte kleine Truhe. Sie merkte wie die Aufregung und der üble Geruch ihr immer mehr die Sinne raubten und so schob sie sich rückwärts aus dem schmalen Gang. An der frischen Luft angekommen atmete sie keuchend ein, um sie herum drehte sich alles. Worauf war sie hier gestoßen? Hatte der Meurer Hans einst die Höhle für seine Beute benutzt? Aber wie kam seine Leiche dann hierher?
"Erstaunlich, welche Schätze man als Arzt anhäufen kann, oder?" Eine Stimme erklang dicht hinter Magdalena und sie fuhr entsetzt herum. Dann erkannte sie jedoch ihren Vater, mit leerem Blick schien er durch sie hindurchzusehen. "Sie nennen sich Ärzte, begehen so oft Fehler, da sie sich mehr mit Honoraren als mit dem menschlichen Körper auskennen. Aber die Menschen verehren sie, erheben sie in den Himmel. Und unsereins, der für Recht und Ordnung sorgt, der die Kranken meist besser heilt als jeder Mediziner, wird verachtet und von der Gesellschaft an den Rand gedrängt. Das ganze Dorf wünscht sich doch nur die Schuld bei mir zu finden, bei uns, den Geächteten. Wenn sie eine Leiche mit meinen Kleidern in den Flammen finden, werden sie nicht weiterfragen, sie werden froh sein, dass ich tot und aus ihren Augen bin. Keiner wird mich suchen, jeder wird nur den Willen Gottes sehen und wir werden ein besseres Leben weit weg von hier gefunden haben." Magdalenas Vater lachte bitter auf und sie versuchte seine Worte zu deuten, zu verstehen. Er klang erschöpft, doch plötzlich wurde seine Stimme hart. "Hochmut kommt vor dem Fall. Und der Fall wird tief sein." Magdalena erstarrte und sah das zornige Blitzen in den Augen des Henkers. Plötzlich verstand sie: Er hatte die Leiche hierher gebracht und auch die Wertgegenstände. Er war es auch gewesen, der die Villa angezündet und den Pastor getötet hatte. "Vater!" Ihre Stimme klang verzweifelt. Doch er schien sie nicht zu hören, hatte sich von ihr abgewandt. Sie trat nach vorn und folgte dem Blick ihres Vaters, der in Richtung Schongau ging. Tränen schossen ihr in die Augen und sie spürte wie ihre Beine nachgaben. Im Dorf loderten wieder helle Flammen, genau dort wo ihr Haus stand. Niemand schien das Feuer bisher bemerkt zu haben und bald würde es auf andere Gebäude übergreifen. "Das Jüngste Gericht hat begonnen." Dies waren die letzten Worte, die sie hörte, bevor gnädige Dunkelheit sie umgab.
"Beim Lesen von Krimis stehe ich unter Extremspannung"
Interview mit Marina Köhler
EMOTION: Wieso haben Sie sich für die Geschichte von Oliver Pötzsch entschieden? War Ihnen der Autor schon bekannt?
Marina Köhler: Ich kannte den Autor vor dem Wettbewerb noch nicht, aber das Thema hat mich am meisten angesprochen, weil es eher ungewöhnlich war. Mir hat besonders gefallen, dass die Geschichte so unheimlich und düster war.
Wie haben Sie sich auf Ihren Plot vorbereitet?
Ich habe damals angefangen, über den Henkersberuf im Mittelalter zu recherchieren und habe ganz fasziniert alle Informationen, die ich finden konnte, aufgesogen.
Was lesen Sie privat? Haben Sie literarische Vorbilder?
Normalerweise lese ich eher lustige Geschichten (wie die Stephanie Plum Reihe von Janet Evanovich), aber auch Biographien interessieren mich sehr, z.B. "Dschungelkind", "Ein Husten hätte auch gereicht", "Das schwere Los der Leichtigkeit" etc. Ab und zu traue ich mich an einen Krimi heran, aktuell z.B von Iris Johansen, stehe dann meist aber unter Extremspannung und muss mich erstmal wieder mit leichter Kost erholen.
Seit wann schreiben Sie und worüber schreiben Sie üblicherweise?
Mein erstes eigenes "Buch" habe ich in der dritten Klasse vorgelesen, es handelte von den "Süßies", verschiedene Süßigkeiten, die in einem Dorf leben. Derzeit schreibe ich gerne eher ironische/sarkastische Kurztexte über aktuelle Geschehnisse, Reisetagebücher, aber auch Gedichte. Seit einem guten Jahr versuche ich mich an einem witzig-ironischen Buch, nur leider komme ich viel zu selten zum Schreiben. Ein bisschen Dramatik nach dem Motto "bitter-sweet" ist natürlich auch immer dabei.
Wo schreiben Sie am liebsten?
Normalerweise fällt mir spontan etwas ein, worüber ich schreiben will und dann fange ich am liebsten gleich an, egal wo ich gerade bin.
Lesen Sie hier die Geschichte der Zweitplatzierten
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