Was steht zwischen uns und dem Glück? Unsere innerste Überzeugung, die Liebe erst verdienen zu müssen. Eine Anleitung für das Entgiften von Gefühlen.
Gefühle entgiften – so lernen wir wieder, uns und andere zu lieben
Die Liebe ist ein Wunder, so heißt es. Doch für die 37-jährige Patricia M. fühlt sich dieses Wunder vielmehr an wie eine Wunde. Sie kommt zu mir ins Coaching, weil sie es nicht mehr aushält, enttäuscht zu werden. "Ich finde einfach keinen Mann oder gerate immer wieder an den Falschen", erzählt sie. "Wenn das so weitergeht, bin ich bald 40 – ohne Partner und ohne Kinder!" Sie wirkt empört über sich selbst und setzt nach: "Na prima, du Vollversagerin!" Männer, so ist sie überzeugt, wollen einfach keine Frauen, die erfolgreich sind.
In meiner Arbeit als Coach erlebe ich immer wieder, wie sich Frauen mit destruktiven Gedanken selbst blockieren. Viele von uns erwarten von sich Perfektion, werten sich ab, halten sich für ausgeliefert und setzen sich gleichzeitig unter Druck. Es ist ein ganzes System von inneren Blockaden, mit denen wir uns immer wieder selbst ein Bein stellen. Ich nenne das "Mindfuck", eine Form von schlechten Denkgewohnheiten, die niemand mehr braucht. Ich schlage Patricia vor, uns diese Muster einmal genauer anzusehen. Denn ihre Lage ist alles andere als aussichtslos. Ich meine damit nicht, dass wir immer alles unter Kontrolle haben und uns die Realität einfach "herbeidenken" können.
Wohl aber, dass wir heute einen ernsthaften und großen Einfluss auf die Gestaltung unseres Lebens und damit auch der Liebe haben – und dass dieser Einfluss direkt mit unseren Denkmustern zusammenhängt.
Destruktive Denkmuster bremsen
Der erste Schritt im Coaching: sich die Parallelwelt der inneren Blockaden bewusst machen. Was denken Sie wirklich über sich und die Männer? Ich habe in meiner Arbeit eine Reihe von Denkkomplexen entdeckt, mit denen sich Menschen auch in der Liebe sabotieren. Sie äußern sich in einigen ganz typischen Sätzen:
"Ich gerate sowieso immer an den Falschen."
Das ist ein Gedanke aus der Welt der Katastrophenszenarien. Er spricht sich leicht aus, hat aber eine fatale, sich selbst verwirklichende Wirkung. Und eigentlich wissen wir es besser: Jede Beziehung und jeder Mensch ist anders. Liebe kann entstehen, wo wir offen und gespannt auf den nächsten Mann in unserem Leben zugehen.
"Ohne Partner ist das Leben sinnlos."
Gut: Vor langer Zeit waren Frauen tatsächlich existenziell davon abhängig, einen Mann "abzukriegen". Aber heute? Ist uns doch klar, dass das Leben vor und nach einer Beziehung genauso grandios sein kann. Eine Einstellung, die übrigens wirkt wie ein Aphrodisiakum – auf uns selbst und auf andere.
"Männer stehen nicht auf beruflich erfolgreiche Frauen."
Vielleicht gibt es wirklich ein paar Männer, die so ticken. Doch die entscheidende Frage lautet: Wären Sie mit so einem Mann gern zusammen? Vermutlich nicht.
"Um geliebt zu werden, muss ich es anderen recht machen."
Viele von uns denken immer noch an andere, bevor sie selbst dran sind. Die Folge: Irgendwann kommen wir gar nicht mehr vor in unserem Leben. Wie schade! Die Gegenfrage lautet: Wer bin ich, wenn ich meine ureigene Originalität und Individualität auch in der Liebe ernst nehme? Was brauche ich dann?
"Man muss perfekt sein, um geliebt zu werden."
Dieser Satz wird zur falschen Messlatte für uns – und für die Männer, die wir begehren. Denn im Grunde wissen wir ja, dass kein Mensch perfekt ist. Und dass wir uns in der Liebe nichts mehr wünschen als Ehrlichkeit und Authentizität: auch die Schwächen des anderen lieben; auch für unsere Fehler geliebt werden.
Wie Liebe ein Erfolg werden kann
Sobald wir solche Sätze glauben, fühlen wir uns wie ein trotziges oder hilflos überfordertes Kind. Und das ist kein Wunder, denn die Muster stammen aus Erfahrungen mit früheren Beziehungen, der Geschichte unserer Familie oder einer Zeit in unserem Leben, in der wir tatsächlich noch klein und hilflos waren.
Emotionales Risiko wohnt jeder echten Liebe inne
Häufig sind es auch überholte Überzeugungen aus früheren Generationen. Unser erwachsener Verstand weiß eigentlich, dass sie nicht mehr gelten. Dass heute jeder selbstwirksam und voller Neugier seinen ganz individuellen Weg in Liebe und Partnerschaft finden kann.
Doch zuerst gilt es, den Knoten in unserem Kopf zu lösen. Bei Patricia ist es eine Mischung aus Angst, Misstrauen, falschen Regeln und Druck, mit denen sie sich selbst kleinmacht. "Das Spannende daran ist", sage ich zu ihr, "dass hinter jedem blockierenden Denkmuster der Mensch wartet, der Sie wirklich sind, wenn Sie lieben."
Denn jede Selbstsabotage übernimmt aus meiner Sicht auch eine Schutzfunktion. Sie bewahrt uns vor neuen Erfahrungen, davor, aus dem Rahmen zu fallen, vor dem emotionalen Risiko, das letztlich jeder echten Liebe innewohnt.
Doch zugleich blockieren wir damit unsere natürlichen Fähigkeiten wie Mut, Offenheit, Neugier, Fantasie und Vertrauen. Wir gehen Patricias Muster durch. Welche guten Eigenschaften verbergen sich hinter ihren Blockaden?
Selbstblockaden durchbrechen
Hinter der Angst vor Verletzung entdecken wir im Coaching-Prozess eine mutige, ja unerschrockene und vielleicht sogar ein wenig abenteuerlustige Frau mit einer großen Sehnsucht nach Leben. Hinter ihrem Misstrauen steht ein neugieriger Mensch, der im besten Sinne offen und unvoreingenommen ist. Hinter ihrem selbst gemachten Druck wartet jemand, der ein gutes Gespür für sein eigenes Timing hat. Und was ist mit dem Glaubenssatz von den Männern, die angeblich keine erfolgreichen Frauen mögen? Patricia lacht. Denn wenn sie ein wenig überlegt, fallen ihr problemlos erfolgreiche Freundinnen ein, die einen Partner gefunden haben.
Jetzt ist der enge Ring der Selbstblockade gebrochen und wir können an konkreten Strategien arbeiten, wie die Liebe ein Erfolg werden kann. Nur an der Tür hält Patricia noch einmal inne. "Und was, wenn ich verletzt werde?" Ich antworte: "Welche Antwort würden Sie sich selbst darauf geben – als die gestandene, erwachsene Frau, die Sie sind?" Sie überlegt kurz. Dann richtet sie sich auf. "Kann passieren. Aber auch damit werde ich umgehen können."
Petra Bock ist Bestseller-Autorin und gehört zu den erfolgreichsten Coaches im deutschsprachigen Raum. Die promovierte Politikwissenschaftlerin lebt und arbeitet in Berlin.
www.petrabock.de