Viele erhoffen sich von Fortbildungen dauerhafte Verbesserungen für ihre Karriere. Psychologe Richard Gris erklärt, unter welchen Voraussetzungen Mitarbeiter tatsächlich von Seminaren profitieren können.
Das ist sinnvoll
Die Teilnehmer sollten mit dem Gefühl ins Seminar gehen: "Ich will wirklich etwas mitnehmen." Etwas, was nicht ihren Gewohnheiten entspricht. Man muss bereit sein, seine Komfortzone zu verlassen, an Verhaltensweisen zu arbeiten, Feedback anzunehmen und Einstellungen zu ändern. Grundsätzlich sind die Seminare positiver zu bewerten, die die Alltagspraxis der Teilnehmer im Kurs zum Thema machen. Berieselung mit Power Point bringt wenig. Ideal ist es, wenn man viel in kleinen Trainingsgruppen aktiv sein darf. "Machen statt konsumieren", lautet die Devise. Menschen neigen dazu, Seminare auszuwählen, die ohnehin zu ihrer Einstellung passen. Besser ist die Teilnahme an Weiterbildungen, die überraschende und neue Inhalte liefern.
Das funktioniert nicht
Die Kernfrage vor jedem Seminar: Will der Teilnehmer die erforderliche Zeit, den nötigen Aufwand und die angebrachte Disziplin tatsächlich aufbringen? Gibt es da Zweifel, kann man sich das Geld sparen. Der Satz "Ich habe keine Zeit" heißt in dem Fall: "Ich setze andere Prioritäten." Wenn man sich vor Augen führt, wie oft Hochleistungssportler gecoacht werden und wie viel und intensiv sie täglich trainieren müssen, um Spitzenleistungen zu bringen, wird klar, dass es absurd ist, perfekte Ergebnisse nach nur zwei Tagen Kommunikationstraining zu erwarten. Denn auch Rhetorik und Kommunikation sind Spitzensport. Ein Seminar kann ein tolles Erlebnis sein, bringt aber nichts, wenn man danach nicht weiter übt. Genau an dieser Hartnäckigkeit hapert es aber bei den meisten. Sie wollen nicht langfristig genug Zeit investieren.
Buchtipp:
Seminare gelten in vielen Betrieben mittlerweile als Allheilmittel: Sie sollen helfen, die Produktivität zu steigern, die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern zu verbessern und vorhandenes Potenzial auszuschöpfen. Warum das oft nicht klappt, erörtert Dr. Richard Gris in seinem Buch "Die Weiterbildungslüge" (Campus, 24,90 Euro). Er plädiert für mehr Trainingsmaßnahmen direkt am Arbeitsplatz (Der Autor hinter dem Pseudonym Dr. Richard Gris ist promovierter Psychologe und als Trainer im Bereich Weiterbildung tätig).