Ivana Scharf macht mit ihrem „Atelier für Gesellschaftsgestaltung“ Kunst mobil und erreichbar – und ermöglicht so kulturelle Bildung für alle.
Mit 18 stand Ivana Scharf vor den gewaltigen Gemälden im Louvre und wurde erst glücklich, dann
traurig. Glücklich, weil die Kunstwerke, die sie dort sah, sie so berührten. Und traurig, weil sie in diesem Moment bemerkte, was ihr bisher entgangen war: "Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich einen wichtigen Teil der Welt um mich herum verpasst hatte." Denn vor ihrem Schlüsselerlebnis in Paris war sie noch nie in einem Museum gewesen. Eine Erfahrung, die sie Heranwachsenden von heute gern ersparen möchte.
"Jeder kann die Gesellschaft gestalten", ist die inzwischen 37-Jährige überzeugt. Im Jahr 2006 machte sie sich als Kulturmanagerin selbstständig und bereits vier Jahre später rief sie das Hamburger "Atelier für Gesellschaftsgestaltung" ins Leben. "Die Stadt ist mein Atelier", sagt Ivana Scharf heute. So entwickelte sie etwa Projekte, in denen sie Kindern und Jugendlichen – auch Haupt- und Realschülern – die Welt der Kunst nahebringt. Nach dem Motto: Kommen die Menschen nicht zur Kunst, muss die Kunst eben zu ihnen kommen, schickte sie beispielsweise Teile eines Museums per Bus auf Tour zu mehr als 400 deutschen Schulen. Die mobile Ausstellung zeigt jüdische Alltagsobjekte – anfassen ist ausdrücklich erlaubt. So ermöglichte sie den etwa 40 000 Schülern, die die Schau bisher gesehen haben, eine erste Kontaktaufnahme mit der fremden Kultur.
In einem anderen Projekt namens "atelier2go" bringt die Kulturmanagerin Schüler und die Bewohner eines Seniorenheims zusammen. Der Grundschüler Marius und die Seniorin Ingrid bastelten dabei einmal gemeinsam mit Papier, Farben und Pinsel ein Fabeltier – was beiden große Freude machte. Viele Kinder blühen regelrecht auf, wenn sie künstlerisch aktiv werden, erzählt Ivana Scharf: "Marius ist fast vor Stolz geplatzt, als Ingrid ihn einen echten Künstler genannt hat." Sie ist sich sicher, dass dies das Selbstbewusstsein der Kinder stärkt und sie den Mut entwickeln, der wichtig ist, um sich zu entfalten. Und nebenbei werden häufig sogar Freundschaften zwischen Menschen geschlossen, die sich sonst vielleicht nie begegnet wären.