Finanzkrise, Fukushima, Staatsverschuldung und überhaupt - vielleicht fühlt man sich ja wirklich besser, wenn man sein Erspartes einer dieser neuen nachhaltigen Banken anvertraut.
Spargel im März oder Erdbeeren im November? Bei Anita Gerster (Name geändert) aus Deggendorf landet so etwas nicht im Einkaufskorb. Ihr Obst und Gemüse kauft sie schon lange auf dem Bio-Bauernmarkt. Aus ihren Steckdosen fließt Ökostrom, und wenn es möglich ist, lässt sie das Auto stehen. Ihr Mann, ihre beiden Töchter und sie sind lieber mit dem Fahrrad unterwegs – oder gehen zu Fuß. Auch bei ihren Finanzen war sie es leid, ihr Geld einer Bank anzuvertrauen, die damit Atomkraftwerke oder Rüstungskonzerne finanziert. Ihrer bisherigen Bank hat sie den Rücken gekehrt.
Welche ist die richtige Bank?
Damit steht sie nicht allein da. Immer mehr Deutsche fragen sich, ob sie bei der richtigen Bank sind. Der Kreis der Abtrünnigen ist zwar noch klein, doch er wächst stetig. Auslöser für die Skepsis war zum einen die Finanzmarktkrise, die dann nahtlos in die Staatsschuldenkrise in Europa überging. Außerdem hat der Atomunfall in Fukushima 2011 ein Umdenken ausgelöst.
Eine neue Heimat für ihre Geldgeschäfte können die Bankenspektiker bei ökologisch und ethisch orientierten Häusern finden, die sich strenge Nachhaltigkeitskriterien bei der Vergabe von Krediten und für ihre eigene Anlagepolitik verordnet haben. Allerdings sind die Institute vielen Deutschen noch kaum bekannt: Nicht einmal jeder vierte Bundesbürger kennt sie, hat die Bankberatungsgesellschaft zeb aus Münster ermittelt.
Vorreiter unter den ethisch orientierten Banken waren vor allem kirchliche Institute wie die Steyler Bank in Sankt Augustin, die 1964 von Steyler Missionaren gegründet wurde. Ihre Gewinne fließen direkt in die eigene Projektarbeit. Steyler Missionare helfen weltweit armen Menschen. Weitere kirchliche Institute sind etwa die Bank für Kirche und Diakonie aus Dortmund oder die Bank für Kirche und Caritas aus Paderborn, die Bank für Orden und Mission aus Idstein und die Evangelische Kreditgenossenschaft mit Sitz in Kassel.
Wir spekulieren nicht. Unsere Geschäfte sind menschlich
Außer den kirchlichen Banken sind derzeit in Deutschland vor allem vier Kreditinstitute am Markt, die über ihre Kundeneinlagen soziale, ökologische oder ethisch orientierte Projekte oder Unternehmen finanzieren. Platzhirsch ist die schon 1974 gegründete GLS Bank, die Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken. Sie hat ihren Sitz fernab der Bankenmetropole Frankfurt in Bochum, in einem Bau, der eher zweckmäßig wirkt, aber klimaneutral ist. "Die Kunden, die zu uns kommen, wollen wissen, was wirklich mit ihrem Geld passiert", erzählt Vorstand Andreas Neukirch. "Ihnen ist wichtig, dass wir ihre Einlagen für die Kreditvergabe in zukunftsorientierten Branchen verwenden und das auch für sie nachvollziehbar machen."
Wer sein Geld bei der GLS Bank anlegt, finanziert damit zum Beispiel regenerative Energieprojekte, ökologische Landwirtschaft, Waldorfschulen, Behinderten- und Senioreneinrichtungen, sowie Vereine für mehr bürgerschaftliches Engagement. "Wir spekulieren nicht", verkündet die Bank. "Sinn machen für uns nur Bankgeschäfte, die menschlich, zukunftsweisend und ökonomisch sind", sagt Vorstandssprecher Thomas Jorberg. Die GLS bietet auch Girokonten – und da hat auch Anita Gerster inzwischen ihres. Die Bank hat gut 116.000 Kunden.
Ein langjähriger Weggefährte ist die Umweltbank aus Nürnberg, die dieses Jahr 15-jähriges Jubiläum feiert. Mittlerweile betreut sie rund 92.000 Kunden und konzentriert sich auf ein Ziel: "So viele Umweltprojekte wie möglich zu fördern." Nachhaltigkeit versteht sie als "Strategie und Trend der Zukunft, welche die auf kurzfristigen Gewinn basierende Wegwerfgesellschaft ersetzen muss." Mit den Geldern der Anleger finanziert sie ausschließlich Projekte aus den Bereichen erneuerbare Energien, Bio-Landbau und Ökohäuser. Für Geldanleger hat sie Sparbriefe, Sparbücher und Sparverträge, aber auch ein Tagesgeldkonto im Angebot. Wer mehr Mut zum Risiko hat, kann seit 2001 auch in die Aktie der Bank investieren. Die Deggendorferin Anita Gerster hat sich getraut - und schon vor ein paar Jahren 1.000 Euro investiert. Ein gutes Geschäft für sie und die rund 7.500 Aktionäre: In den vergangenen fünf Jahren durften sie sich über einen Kurszuwachs von gut 84 Prozent freuen.
Neben der GLS Bank und der Umweltbank gibt es seit 2002 auch die Ethikbank, eine Niederlassung der Volksbank Eisenberg. Inzwischen hat die Direktbank mehr als 12000 Kunden und verspricht: "Faire Bank statt Bankaffaire". Das Institut offeriert ethisch-ökologische Girokonten, Geldanlagen und Kredite für Privat- und Geschäftskunden. "Für unsere Kunden zählen bei der Wahl ihrer Bank klassische Grundtugenden wie Vertrauen, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, Verbindlichkeit und Empathie. Also das, was eine Partnerschaftsbeziehung in allen Lebensbereichen ausmacht", sagt Vorstandsmitglied Sylke Schröder. 2011 hat die Ethikbank vor allem Girokonten und Geschäftskonten eröffnet – für Schröder ein Indiz, dass viele ihre Hausbank wechseln.
Erst seit Ende 2009 auf dem deutschen Markt aktiv ist die niederländische Triodos Bank. Dabei zählt das Institut zu den führenden Nachhaltigkeitsbanken weltweit und ist seit ihrer Gründung 1980 bereits in zahlreichen Ländern aktiv. 2009 wurde sie von der "Financial Times" und der Weltbanktochter IFC zur "Nachhaltigkeitsbank des Jahres" gekürt. Ende 2011 hatte sie insgesamt rund 355000 Kunden. Ihr Deutschland-Ableger ist noch klein, wächst aber - auf mittlerweile gut 2600 Kunden. "Gegen Ende 2012 wollen wir das private Girokonto einführen, um damit die Funktion einer Hausbank zu erfüllen", sagt Deutschland-Geschäftsleiter Georg Schürmann. Nach eigenen Angaben stellt die Bank bereits seit ihrer Gründung sicher, dass keine Atomenergie mit den Geldern ihrer Kunden finanziert wird. "Der Atomausstieg hat bei uns schon vor über 30 Jahren stattgefunden", sagt Co-Geschäftsleiter Alexander Schwedeler.
Wer auf Zinsknüller hofft, wird enttäuscht
Wer bei den Nachhaltigkeitsbanken auf Zinsknüller hofft, dürfte allerdings enttäuscht sein. Spitzenzinsen, etwa beim Tagesgeld, bieten andere. Aber darum geht es den Instituten auch gar nicht. "Man muss sich doch klarmachen, dass gerade das kurzfristig verfügbare Tagesgeld am allerwenigsten geeignet ist, um die Wirtschaft in Deutschland mit langfristigen Krediten zu versorgen", erzählt GLS-Vorstand Andreas Neukirch. Viele änderten dann ihr Verhalten und achteten darauf, auch längerfristige Anlagen zu tätigen, damit ihr Geld sinnvoll verwendet werden kann. Nachhaltigkeitsorientierung bedeutet aber trotzdem keine Magerzinsen, auch nicht beim Tagesgeld. Bei der Triodos Bank sind es derzeit sogar 1,7 Prozent ab dem ersten Euro (Stand: April 2011). Die Ethikbank bietet Neukunden in den ersten sechs Monaten 1,5 Prozent, danach 0,5 Prozent auf Einlagen bis 5000 Euro. Wer mehr anlegen möchte, bekommt darüber hinaus 0,75 Prozent. Die Umweltbank offeriert 1,15 Prozent bei einer Mindesteinlage von 500 Euro. Die GLS Bank zahlt derzeit 0,8 Prozent - die Mindestanlage beträgt allerdings 10 000 Euro. Zum Vergleich: Der Satz, zu dem sich Banken untereinander kurzfristig Geld verleihen, beträgt derzeit gerade einmal um die 0,4 Prozent.
Unterschiede gibt es nicht nur bei den Zinsen, sondern auch beim Schutzniveau für Kundeneinlagen: Ethikbank und GLS gehören dem Sicherungsverbund der Volks- und Raiffeisenbanken an, was de facto einer Vollabsicherung entspricht. Die Umweltbank weist dagegen nur den gesetzlichen Mindestschutz von 100.000 Euro auf. Bei der Triodos Bank sind über die niederländische Einlagensicherung pro Kunde ebenfalls 100 000 Euro abgesichert. Aktuell zählen die Nachhaltigkeitsbanken in Deutschland etwas mehr als 22.5000 Kunden. Klingt nach Nische. "Vielen Verbrauchern ist der Zusammenhang zwischen dem Geld, das sie auf ihr Konto einzahlen, und dem, was ihre Bank damit in Form von Krediten fördert oder nicht, noch nicht deutlich", sagt Ulrich Hoyer, Partner bei der Bankberatungsgesellschaft zeb aus Münster. Aber das werde sich ändern. Er ist überzeugt: Immer mehr Menschen würden umdenken. So wie Anita Gerster.