Der Geschenkekauf vor Weihnachten ist lästig und jedes Jahr eine Qual. Deshalb aber ganz auf Aufmerksamkeiten zu verzichten, geht gar nicht, findet unsere Kolumnistin.
Der Mann an meiner Seite und ich kennen uns schon sehr lange, also fallen uns langsam keine Geschenke mehr füreinander ein. Was nicht an zu wenig Liebe liegt, sondern schlicht daran, dass wir uns im Laufe der Jahre schon alles geschenkt haben. Und außerdem in dem Alter sind, in dem wir uns das
meiste sowieso lieber selber kaufen.
Klar, am Anfang unserer Jahrhundertliebe, als ich vor lauter Glückshormonen nicht geradeaus gucken konnte, da klapperte ich auf der Suche nach dem perfekten Pullover für meinen Schnuckelschatz die gesamte Innenstadt ab. Heute kaufe ich einen Pullover in seiner Größe, Farbe egal (außer Rosa) und sage, kaum dass er ihn ausgepackt hat: "Falls er dir nicht gefällt, kein Problem, ich hab die Quittung noch." Und bin überhaupt nicht beleidigt, wenn er ihn umtauscht. Oder er sagt mir gleich, was er will, nämlich: "Schenk mir am besten einen Gutschein, da kannst du nichts verkehrt machen." Also besorge ich einen, lasse ihn schön einwickeln, er wickelt ihn zu Weihnachten wieder aus und ruft: "Oh, ein Gutschein, mal was ganz anderes." Das klingt jetzt nicht direkt nach dem Fest der Liebe, ist aber in einer langjährigen Beziehung, in der echte Überraschungen so selten wie siebenblättrige Kleeblätter sind, leider nicht zu ändern. Denn für das einzige Geschenk, bei dem mein Mann wirklich ausflippen und mich bis in alle Ewigkeit lieben würde, fehlt mir leider das Kleingeld.
Nur die Schenkerei ist lästig
Es wäre jetzt zu überlegen, ob man die Schenkerei nicht einfach ganz lässt. Auf die Malediven fliegt und sich beim Frühstück über tropische Früchte und ein Weihnachtsbäumchen aus Plastik freut. Hab ich einmal gemacht und mich schwitzend unter Palmen einfach nicht wohlgefühlt. Weihnachten ist trotz allem ein schönes Fest und sollte gewürdigt werden, finde ich. Mit knuspriger Gans, mit Glühwein und gern mit Schneeflocken satt.
Nur die Schenkerei ist lästig. Ich kenne niemanden, der den Jubelschrei ausstößt: "Wie schön, dass ich jetzt in der knallvollen Innenstadt herumlaufen und Geschenke für meine Lieben kaufen darf!", während er sich mit tausend Tüten durch die Menschenmassen schiebt. Trotzdem gibt es einen vorweihnachtlichen Satz, den ich hasse, und der heißt: "Wir schenken uns einfach gar nichts!" Dieser Satz funktioniert nämlich nicht, weil man, wenn man ihn befolgt, in jedem Fall etwas falsch macht. Wenn ich zum Beispiel meinem Mann nichts schenke und er hat was für mich, dann bin ich, trotz vorheriger Absprache, in meiner Familie die Superböse. "Kein Geschenk für Papi?", würde mich meine Tochter anblitzen, der Weihnachtsfriede wäre zerschmettert. Und umgekehrt wäre ich vermutlich auch schwer gekränkt, wenn ich als Einzige leer ausginge.
Noch komplizierter ist die Abmachung: "Wir schenken uns nur was Kleines!" Was genau soll das heißen, wie klein ist "was Kleines"? Normal, mini oder klitzeklitzeklein? Ein Buch, eine CD, ein Parfum? Dafür bin ich doch nicht über 20 Jahre mit diesem Mann verheiratet, bügle seine Hemden, bringe ihm jeden Morgen einen Tee ans Bett, esse freiwillig zwei obere Brötchenhälften? Und ob er sich über ein Rasierwasser, eine CD oder einen Porsche aus Marzipan freut, darf bezweifelt werden. Also wird wieder wie üblich geschenkt. Es gibt Schlimmeres.
Evelyn Holst hält Ausschau. Hinter dem Fenster ihrer Hamburger Wohnung. Und natürlich vor der Haustür. Immer wieder stellt sie fest: Es gibt keinen Grund zum Jammern. Es sei denn …