Mit etwas mehr Mut hätten wir die Chance, den Partner zu finden, der uns emotional anzieht – und nicht finanziell. Unsere Kolumnistin Catharina Aanderud über ein veraltetes System in der Partnerschaftswahl.
Warum bleiben so viele beruflich erfolgreiche Frauen Singles? Das ist doch seltsam! Schließlich gibt es (fast) genauso viele Frauen wie Männer auf der Welt. Doch die Herren der Schöpfung wissen, wie sich das Angebot möglicher Partnerinnen enorm erweitern lässt: durch jüngere und weniger "standesgemäße" Frauen, gern auch in Kombination. Auch wir könnten unseren Paarungs-Pool stark vergrößern, wenn wir auf archaisches Kastendenken verzichteten. Der Arzt und die Krankenschwester, der Manager und seine Assistentin – das sind gängige Paarungsmuster. Aber umgekehrt? Geht die Ärztin wirklich eine ernsthafte Beziehung mit dem Krankenpfleger ein? Oder die Geschäftsführerin mit dem Handwerker? Nein, tut sie in der Regel nicht! Weil sie tief in ihrem Innersten Diskussionen in ihrem Umfeld und Statusverlust befürchtet. Also bleibt sie im Zweifel lieber allein.
Wieso halten wir so sehr an diesen alten Mustern fest?
Denn egal, wie modern und emanzipiert wir uns fühlen – unser Beuteschema sieht immer noch aus wie zu Großmutters Zeiten und zielt im Kern auf materielle Sicherheit. Für eine "gute Partie" mussten Frauen früher Liebe und Leidenschaft opfern. Heute ist das glücklicherweise anders: Für finanziell unabhängige Frauen muss der Status eines Mannes nämlich keine tragende Rolle mehr spielen. Zeit für einen Quantensprung! Wenn wir wie die Männer darauf pfeifen, was die anderen von uns denken, sind wir frei, ein unkonventionelleres Leben zu führen – ob nun mit einem jüngeren oder einem "statusniedrigeren" Mann. Mit etwas mehr Mut hätten wir dann die Chance, einen Partner zu finden, der uns emotional und nicht finanziell anzieht – und den wir lieben.
Catharina Aanderud studierte Psychologie, Theologie und Philosophie in Tübingen und Berlin und war Redakteurin der BERLINER MORGENPOST.
Als Autorin schrieb sie unter anderem WELT am SONNTAG, DIE ZEIT, DER SPIEGEL, HAMBURGER ABENDBLATT und natürlich EMOTION.