Und das ist ziemlich anstrengend. Aber sie einfach nur wegzuwünschen, ist keine Lösung. Ein Plädoyer für einen anderen Blick von unserer Kolumnistin Catharina Aanderud.
Kommt es mir nur so vor oder sickert das Konkurrenzdenken aus dem Job tatsächlich immer mehr in unsere Beziehungen zu Freunden und vor allem Freundinnen ein? Vorbei die Zeiten, in denen wir gemeinsam um Gleichberechtigung und bessere Positionen in der Gesellschaft kämpften. Auf dem Weg nach oben sind wir unversehens zu Einzelkämpferinnen und Rivalinnen mit einem Zug Verbissenheit geworden. Erfolgreiche Frauen stellen für das weibliche Ego offenbar eine größere Bedrohung dar, als es erfolgreiche Männer je taten. Jetzt wird Maß genommen: Wir vergleichen unsere Positionen und konkurrieren um den besseren Lebensentwurf, das größere Glück in der Liebe, um mentale oder körperliche Fitness. Um nahezu alles eben. Hinter der Fassade eines strahlenden Lächelns treiben Neid und Eifersucht mitunter seltsame Blüten: Mobbing gegen Frauen geht fast immer von Frauen aus. Männer kämpfen in der Regel mit offenem Visier, wir dagegen eher subtil, auf der emotionalen Schiene – und die trifft uns als ganze Person, nicht nur unser Berufs-Ich.
Konkurrenz als Ansporn?
Das bedeutet leider: Es gibt keine wettbewerbsfreien Zonen mehr. Wie anstrengend! Was tun? Auf Frauensolidarität zu pochen wäre heute naiv. Stellen wir uns der Situation also! Konkurrenz belebt nicht nur das Geschäft, sie kann auch Ansporn für die Entwicklung unserer Fähigkeiten sein. Wir könnten das offenere Austragen von Konflikten und einen gelasseneren Umgang mit Rivalität lernen, da haben wir noch echten Nachholbedarf. Nicht alles so persönlich nehmen! Lassen Sie uns dem ausufernden Wettbewerbsgedanken unserer Gesellschaft etwas Ur-Weibliches entgegensetzen – weniger Ego und dafür mehr innere Souveränität! Das würde unseren Umgang miteinander deutlich entspannen.
Catharina Aanderud studierte Psychologie, Theologie und Philosophie in Tübingen und Berlin und war Redakteurin der BERLINER MORGENPOST. Als Autorin schrieb sie unter anderem WELT am SONNTAG, DIE ZEIT, DER SPIEGEL, HAMBURGER ABENDBLATT und natürlich EMOTION.