Sie fühlen sich ausgebrannt und wissen nicht, wie es weitergehen soll? Hier die neun wichtigsten Fragen und Antworten zur Burnout-Therapie
1 Ich fühle mich erschöpft und ausgebrannt. Wo finde ich erste Hilfe?
Beim Hausarzt. Schildern Sie ihm Ihre Erschöpfung und auch körperliche Beschwerden. Denn viele Stressleiden gehen mit Begleiterscheinungen wie Magenschmerzen, Schlafstörungen oder Kopfschmerzen einher. Der Hausarzt kann feststellen, ob organische Ursachen wie chronische Infekte hinter Ihren Beschwerden stecken – oder vielmehr akuter Stress, ein Erschöpfungssyndrom oder eine Erschöpfungsdepression. Verschiedene standardisierte Fragebögen helfen ihm bei dieser Diagnose. Können organische Ursachen ausgeschlossen werden, bespricht der Hausarzt mit Ihnen die nächsten Schritte. Brauchen Sie einfach nur ein paar Tage Ruhe? Oder vielmehr professionelle Hilfe und eine Auszeit? Möglicherweise überweist Ihr Arzt Sie zur weiteren Abklärung an einen Psychotherapeuten oder eine psychotherapeutische Ambulanz. Hält er zusätzlich ein Antidepressivum für angebracht, empfiehlt er außerdem einen Termin beim Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Bei stark ausgeprägten Beschwerden kann der Hausarzt für Sie auch eine präventive Kur, eine tagesklinische oder stationäre Behandlung in Betracht ziehen.
2 Wann brauche ich eine Psychotherapie?
Wenn Ihre Beschwerden auf persönliche Lebenserfahrungen zurückzuführen sind und Sie trotz Ihrer Erschöpfung weiterhin Ihren Alltag bewältigen können, dann ist eine ambulante Psychotherapie für Sie richtig. In wöchentlichen Terminen mit Ihrem Psychotherapeuten können Sie gemeinsam schauen, inwieweit Ihr biografischer Hintergrund, Ihre Arbeitsbelastung und aktuellen Beziehungen in Ihre seelische und körperliche Erschöpfung hineinwirken. Auch die Art und Weise, wie Sie zu denken und zu fühlen gelernt haben, spielt in der Psychotherapie eine wichtige Rolle. Derzeit gibt es drei psychotherapeutische Verfahren, die von den Krankenkassen bezahlt werden: Die analytische Psychotherapie (intensive Langzeittherapie, zwei bis drei Termine wöchentlich über mehrere Jahre), die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (kürzer und fokussierter, ein wöchentlicher Termin über ein bis zwei Jahre) und die Verhaltenstherapie (konkret orientiert, sechs bis zwölf Monate). Nach den ersten Sitzungen kann Ihnen ein Psychotherapeut sagen, welche Therapieform für Sie am passendsten ist. Für einen Termin zur Erstdiagnostik bieten sich auch psychotherapeutische Ambulanzen an, die an Ausbildungsinstitute, Krankenhäuser oder Universitäten angegliedert sind.
3 Wem hilft eine Tagesklinik, ein stationärer Aufenthalt oder eine Kur?
Eine tagesklinische Behandlung kommt infrage, wenn eine ambulante psychotherapeutische Behandlung nicht ausreicht oder nicht möglich ist. Vielleicht, weil Sie so erschöpft sind, dass Sie einige Monate Abstand vom Arbeitsalltag brauchen oder kein Psychotherapeut in Ihrer Nähe praktiziert. Das Therapieprogramm dauert in der Regel acht Wochen und findet halbtags statt (gut für Eltern!). Dabei werden unterschiedliche Therapieverfahren wie Psychotherapie, Körpertherapie oder Achtsamkeitstraining angewandt. Eine stationäre Behandlung in einem Krankenhaus hingegen ist notwendig, wenn die Erschöpfungsdepression schwerwiegend ist und der Betroffene ein schützendes Umfeld braucht. Zu unterscheiden ist hier in Psychiatrie (Kombination aus medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung) und Psychosomatik (vor allem Psychotherapie und Körpertherapien). Eine Kur hingegen ist eine präventive Maßnahme und wird verschrieben, wenn Sie zur Erholung Abstand und eine Auszeit brauchen. Auch hier zahlt die Krankenkasse.
4 Wie finde ich einen Psychotherapeuten oder eine Klinik?
Meist kann Ihnen der Hausarzt bei der Suche nach einem Psychotherapeuten helfen. Falls nicht, wenden Sie sich an die Psychotherapeutenkammer Ihres Bundeslandes (www.bptk.de). Dort sind nur approbierte – also von den Krankenkassen anerkannte Psychotherapeuten – erfasst. Mithilfe einer Suchfunktion können Sie ermitteln, welche zugelassenen Psychotherapeuten in Ihrem Stadtteil arbeiten. Wichtig ist, dass Sie dabei grundsätzlich auf die Qualifikation des Psychotherapeuten achten. Die geschützte Berufsbezeichnung lautet "Psychologischer Psychotherapeut" und belegt, dass der Psychotherapeut nach einem Psychologiestudium und einer mehrjährigen staatlich geregelten psychotherapeutischen Ausbildung die Approbation erlangt hat. Auch Ärzte können diese psychotherapeutische Weiterbildung absolvieren, sie tragen dann die geschützten Titel "Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie" oder "Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie". Wenn der Hausarzt oder Psychotherapeut Ihnen hingegen eine Kur oder die Weiterbehandlung in einer Klinik empfiehlt, haben Sie zwar ein Mitspracherecht bei der Wahl der Häuser – letztlich entscheiden aber Arzt und Krankenkasse. Besichtigungen sind meist kein Problem. Eine Liste von Kurkliniken erhalten Sie bei Ihrer Krankenkasse.
So können Sie sich außerdem noch vor Burnout schützen.
Wartezeiten auf Therapieplatz
5 Wie lang sind die Wartezeiten für therapeutische Angebote?
Mitunter sehr lang. Für tagesklinische oder nicht akute stationäre Behandlungen ist eine Wartezeit von vier bis acht Wochen normal, in ganz dringenden Fällen geht es aber auch schneller. Auf ambulante Psychotherapien müssen Patienten länger warten: Nach dem Erstgespräch vergehen im Schnitt sechs Monate bis zum Behandlungsbeginn. Dieser Engpass ist darauf zurückzuführen, dass die Zahl der von den Krankenkassen zugelassenen Kassensitze nicht mehr dem heutigen Bedarf entspricht. Mit der Konsequenz, dass viele Psychotherapeuten heute nicht praktizieren können, weil sie sich auf der Warteliste für einen Kassensitz befinden. Doch es gibt einen Trick: Wenn Sie keinen Termin bei einem niedergelassenen Psychotherapeuten bekommen, haben Sie immer noch die Möglichkeit, bei Ihrer Krankenkasse die Kostenübernahme bei einem noch nicht niedergelassenen approbierten Psychotherapeuten zu beantragen ("Kostenerstattungsverfahren"). Das ist zwar mit einem gewissen organisatorischen Aufwand verbunden, lohnt sich aber. Auch hier hilft die Bundespsychotherapeutenkammer (siehe Frage 4). Brauchen Sie hingegen ganz schnell und unbürokratisch Hilfe bei der Überbrückung der Wartezeit, können Sie auch Termine bei einer psychologischen Beratungsstelle wahrnehmen. Diese Beratungen sind meist kostenlos, Informationen finden Sie im Internet oder im örtlichen Telefonbuch, meist unter dem Stichwort "Beratung".
6 Was ist, wenn ich privat versichert bin?
Ob private Krankenkassen eine Psychotherapie oder einen klinischen Aufenthalt bezahlen, ist von Fall zu Fall verschieden. Ausschlaggebend ist dabei vor allem der gewählte Tarif: Versicherte, die einen Tarif mit niedrigen Monatsbeiträgen gewählt haben, müssen häufig 20 Prozent der Kosten für eine psychotherapeutische Behandlung selbst zahlen. Ansonsten richten sich die meisten privaten Krankenkassen nach den Regeln der gesetzlichen Krankenversicherung – fordern aber bisweilen, dass die Behandlungen nur von Ärzten durchgeführt oder auf eine bestimmte Stunden- zahl begrenzt werden. In Ausnahmefällen tragen Privatkassen auch die Kosten nicht anerkannter Verfahren. Eine Kur allerdings können Sie als privat Versicherte nur beantragen, wenn Sie dafür eine Zusatzversicherung abgeschlossen haben.
7 Wie erkläre ich meine Situation dem Arbeitgeber?
Wenn Sie das Gefühl haben, kurz vor dem Burnout zu stehen, ist häufig ein Gespräch mit dem Arbeitgeber hilfreich. Manchmal lassen sich gute Lösungen finden, die ein Burnout vermeiden – wie Arbeitszeitreduzierung oder die Entlastung von gewissen Aufgaben. Ist bei Ihnen bereits eine Erschöpfungsdepression diagnostiziert und Sie möchten aber dennoch weiterarbeiten, rät der Psychiater Dr. Hans-Peter Unger unbedingt zu Ehrlichkeit mit dem Arbeitgeber. "Es ist am besten, offen den Begriff Burnout oder Depression zu verwenden", schreibt er. "Alles andere führt kurz oder lang in eine Sackgasse und wird als Befindlichkeitsstörung oder Schwäche abgetan." Unger empfiehlt ein Gespräch mit dem Vorgesetzten und betrieblichen Stellen, um spezielle Maßnahmen zur Entlastung einzuleiten. Sind Sie länger krankgeschrieben und unsicher, wie der Arbeitgeber damit umgeht, sollten Sie die Kommunikation mit dem Arbeitgeber Ihrer Krankenkasse überlassen und allenfalls den Betriebsrat über Ihre Situation unterrichten. Denn prinzipiell geht die Art der Erkrankung den Arbeitgeber nichts an: Schließlich könnte ein Gespräch mit dem Arbeitgeber in einem Kündigungsschutzprozess gegen Sie verwendet werden. Arbeitsrechtliche und sozialrechtliche Beratung bietet unter anderem der Betriebsrat.
8 Wie steige ich nach längerer Auszeit wieder in den Job ein?
Waren Sie länger arbeitsunfähig, wird Ihre Rückkehr in der Regel von innerbetrieblichen Stellen vorbereitet. In einem gemeinsamen Termin mit dem Betriebsrat, Betriebsarzt und Vorgesetzten beraten Sie dann, inwieweit der Arbeitsplatz und die damit verbundenen Anforderungen zu Ihrer derzeitigen Leistungsfähigkeit passen. Denn Sie sollten vom Job weder unter noch überfordert sein. Gemeinsam legen Sie einen Zeitplan zur stufenweisen Wiedereingliederung fest. Schritt für Schritt werden Ihre Anwesenheit und die Übernahme alter Aufgaben dann gesteigert. Ist Ihr alter Arbeitsplatz hingegen gefährdet oder möchten Sie sogar eine Neuorientierung wagen, sollten Sie einen Termin mit der Arbeitsagentur und dem Berufsinformationszentrum vereinbaren, um zu schauen, welche neuen Möglichkeiten es für Sie gibt.
9 Wie sinnvoll sind Selbsthilfegruppen?
Selbsthilfegruppen werden von Betroffenen ehrenamtlich geleitet und ersetzen daher keine medizinische oder therapeutische Behandlung. Sie können aber dazu beitragen, eine Krise zu überwinden oder sich zu stabilisieren: In Selbsthilfegruppen berichten Betroffene von ihren Erfahrungen, lernen voneinander und finden emotionale Unterstützung. Sie tauschen außerdem Informationen aus und laden bisweilen Experten in ihre Gesprächsrunden ein. Häufig arbeiten sie sogar in Kooperation mit Versorgungseinrichtungen und betreiben Öffentlichkeitsarbeit und Interessenvertretung. Deutschlandweit gibt es eine Vielzahl von Selbsthilfegruppen. Am besten lassen sie sich im Internet finden unter dem Stichwort "Burnout Selbsthilfegruppe" beziehungsweise "Depression Selbsthilfegruppe" plus "Stadt" (z.B. Hamburg, Köln). Bisweilen gibt es auch geleitete Selbsthilfegruppen an Kliniken. Selbsthilfegruppen sind vor allem dann zu empfehlen, wenn ein Burnout bereits überwunden ist: Sie beugen Rückfällen vor, indem sie die Betroffenen dazu einladen, immer wieder ihre Krise zu reflektieren und aktuelle Stressbewältigungsmechanismen zu prüfen. So sinkt die Gefahr, in alte Muster zurückzufallen!