Gekonnt sarkastisch erzählt Sibylle Berg von den Einsamkeiten des Lebens. Gleichzeitig vom zarten,
erstaunten Gewöhnen an einen Mann in ihrer Nähe, der so wenig greifbar scheint wie ein glücklicheres Leben.
Ausgewählt vom Netzwerk BücherFrauen, diesmal von Kommunikationswirtin Karin Charlotte Melde.
Sibylle Berg: "Der Mann schläft" (dtv)
Sibylle Berg zieht in diesem Werk alle Register ihrer Schreibkunst, wenn sie mit der Geschichte zwischen "Heute Mittag" und "Damals im Winter vor vier Monaten" hin und her springt, zwischen einem Bergort in der Schweiz und einer chinesischen Insel. Das bringt Spannung. Dazu die melancholisch zynischen Betrachtungen des Daseins als Singlefrau im Wechsel mit zartem, zögerlichen Annähern an "den Mann" der unerwartet, fast unscheinbar im Leben der Ich-Erzählerin erscheint: "Ich hatte zu viele befremdliche, kurze Liebesgeschichten hinter mir, und ich wusste, dass es sehr selten war, dass sich zwei mit der gleichen Müdigkeit und dem Wunsch, nicht allein zu sterben, erkannten."
Der Mann bleibt namenlos. Er scheint wie Festland von einer Insel aus betrachtet: "Wir sollten verreisen, dachte ich, als ich auf den Bauch des Mannes kletterte, der wie ein Mittelgebirge war, um mich daraufzulegen." Die Bilder, die die Schriftstellerin mit Worten malt, sind so beeindruckend, dass es sich leicht in das Zitat der Süddeutschen Zeitung einstimmen lässt: "Sibylle Berg ist eine der wenigen deutschsprachigen Autoren, für die es sich noch lohnt, eine Buchhandlung zu überfallen."
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Der Mann schläft: Roman
Karin Charlotte Melde ist bei den BücherFrauen aktiv, zudem Buchautorin und freie Journalistin. Mehr unter "Wortbinderei"
Diese Buch-Tipps entstanden in Kooperation mit den BücherFrauen. Mehr über die "Women in Publishing"