Dem Ruf des Goldes folgten im späten 19. Jahrhundert viele chinesische Auswanderer. Autorin Zhang Ling hat das Leben einer dieser Familien über mehrere Generationen bis in unsere Zeit recherchiert.
Ausgewählt vom Netzwerk BücherFrauen, diesmal von der Lektorin und Beraterin Veronika Licher.
Zhang Ling: Der Traum vom Goldenen Berg
Gold Mountain Blues - der Originaltitel trifft es vielleicht besser: Im Wunsch, der Not im eigenen Land entfliehen zu wollen und das Leben ihrer Familien zu sichern, machen sich chinesische Arbeiter im späten 19. Jahrhundert auf in die Fremde und folgen dem Ruf des Goldes in die kanadischen Rocky Mountains.
Die meisten Auswanderer stammen aus der Provinz Guangdong, wie auch Familie Fong, deren Schicksal über mehrere Generationen bis in unsere Zeit verfolgt wird. Wartende Frauen, Familien auf der einen Seite, die ihren Lebensunterhalt allein sicherstellen müssen oder aber Verwandte am Goldenen Berg haben, was regelmäßige Geldsegnungen zur Folge hat – auf der anderen Seite die hart arbeitenden "Kulis" in Kanada, die dennoch nicht willkommen sind im Lande. Jeden mühsam verdienten Cent schicken sie in die Heimat. Dort dienen neu gebaute Wohntürme (Diaolou, kantonesisch Diulau) – heute UNESCO Weltkulturerbe und ein beliebtes Touristenziel – dazu, die zurückbleibenden Familien vor Banditen und Überfällen zu schützen.
Während in Kanada immer wieder Gesetzesvorlagen eingereicht werden für eine Kopfsteuer auf neue chinesische Zuwanderer, die dann im letzten Moment manchmal doch wieder die Familienzusammenführung verhindert.
Die Diaolous sind auch Schauplatz der Rahmenhandlung des Romans: Die Soziologin Amy Smith aus Vancouver macht sich als letzte Nachfahrin der Familie auf nach China, um die Erbangelegenheiten um einen solchen verlassenen Wohnturm zu regeln. Fundstücke ihrer Vorfahren, versteckte Briefe, eine Opiumpfeife, lassen sie neugierig werden auf ihre chinesischen Wurzeln – und aus dem geplanten Kurztrip wird eine Suche nach der eigenen Geschichte.
Der Roman von Zhang Ling, die selbst 1986 nach Kanada auswanderte, stellt auch ein soziales Panorama dar und hilft, viele chinesische Gewohnheiten, Verhaltensmuster, Denkweisen in ihrer Einbettung in kulturelle Gepflogenheiten zu verstehen, die teilweise auch heute noch nachwirken.
Veronika Licher (李喜儿) war als Diplom-Informatikerin in Projekten zur maschinellen Sprachübersetzung sowie in der Konfliktforschung tätig und studierte dann in Peking Chinesisch für den Außenhandel. Anschließend arbeitete sie als Redakteurin und lange Jahre als Lektorin und Projektleiterin im Brockhaus-Verlag. Der Besuch der Pekinger Buchmesse im Jahr 2000 gab den Anstoß, sich selbstständig zu machen und wieder der VR China zuzuwenden: Seit 2001 begleitet sie als Redakteurin, Lektorin und Verlagsberaterin die chinesische Buchbranche und vielfältige deutsch-chinesische Projekte. Als Coach ist es neben dem China-Schwerpunkt ihr Anliegen, Menschen mit vielfältigen Begabungen zu helfen, interdisziplinär und kreativ ihre Träume zu realisieren.
Diese Buch-Tipps entstanden in Kooperation mit den BücherFrauen. Mehr über die "Women in Publishing"