Marc Fischer fliegt nach Rio, um João Gilberto zu suchen, João Gilberto und das Herz der Bossa Nova. Amüsanter kann ein Porträt Gilbertos und eine Geschichte der Bossa Nova kaum sein.
Ausgewählt vom Netzwerk BücherFrauen, diesmal von der Übersetzerin Inka Marter.
Marc Fischer: Hobalala. Auf der Suche nach João Gilberto
Das Buch ist so schön wie sein Titel und das liegt sicher auch am Thema. Der Autor und Journalist Marc Fischer fliegt nach Rio de Janeiro, weil er João Gilberto finden will: João Gilberto und das Herz der Bossa Nova, die das Herz der Schönheit ist. Und er will ihn nicht nur finden, er will auch, dass er ihm auf der alten Gitarre, die er zu diesem Zweck im Gepäck hat, "Hôbálálá" vorspielt. João Gilberto ist ein brasilianischer Sänger, Gitarrist und Komponist, dessen erste Single 1958 mit "Chega de Saudade" von Antonio Carlos Jobim und Vinicius de Moraes den Anfangspunkt der Bossa Nova markiert. Auf der ein Jahr später erschienenen gleichnamigen LP spielte Gilberto dann die eigene Komposition "Hôbálálá", die dem Buch seinen Titel gibt.
Aber Gilberto ist nicht nur diese Stimme, der die Bossa Nova mit seinem leisen, fast flüsternden Gesang geprägt hat, er ist auch ein Rätsel, das es zu lösen gilt. Seit dreißig Jahren sitzt er in einem Apartment in Rio und übt, meist nachts, wie ein Besessener Gitarre.
Mit der Hilfe seines brasilianischen "Watson", einer fülligen, lesbischen und meist aufsehenerregend gekleideten Übersetzerin und Privatdetektivin, versucht Marc Fischer, dem Gespenst auf die Spur zu kommen. Er hört die Geschichten der Menschen, die ihn kannten oder kennen; er fährt sogar in den Ort Diamantina, wo João noch vor seinem Erfolg seine Schwester besuchte, sich stundenlang in ihrem Bad einschloss und in der unerbittlichen Badezimmerakustik Gitarrenspiel und Gesang perfektionierte (was Marc Fischer natürlich ausprobiert, sobald er den winzigen gekachelten Raum aufgespürt hat).
Viel näher kommt er ihm nicht, aber vielleicht ist das auch gut so. Hätte João Gilberto, dem die Perfektionierung seiner Kunst ganz sicher sehr am Herzen liegt, Marc Fischer einfach so ein Interview gegeben, kämen wir nicht in den Genuss dieser trocken und sehnsüchtig erzählten Detektivgeschichte.
Inka Marter Inka Marter studierte in Hamburg Spanisch, Portugiesisch und Lateinamerikastudien und zog dann für eine Weile nach Köln, um an der dortigen Uni über das Erzählwerk der argentinischen Autorin Norah Lange zu promovieren. Nach Abschluss der Promotion entschloss sie sich, Teile dieses Erzählwerks selbst zu übersetzen. Bisher erschien 2010 Norah Lange: Kindheitshefte im Lilienfeld Verlag. Heute lebt und arbeitet Inka Marter als Literaturübersetzerin in Hamburg.
www.marterial.de
Diese Buch-Tipps entstanden in Kooperation mit den BücherFrauen. Mehr über die "Women in Publishing"