Ab ans Meer, dachte sich unsere Art-Direktorin Dagmar Nothjung. Und erreichte mit dem knallblauen Renault-Sportmodell Twingo Gordini in Windeseile die Ostsee-Insel Poel.
Als ich mitten im Nirgendwo das Autofenster öffne, dringen unvermittelt die rauen Stimmen von Fischern hinein. "Frische Krabben, frische Krabben!", rufen sie. Messerscharf schließe ich: Ganz in der Nähe muss ein Kutterhafen sein. Nur sehen kann ich ihn leider nicht. Denn die kleine Ostsee-Insel Poel ist von dichtem Nebel überzogen. Und weil der Twingo Gordini kein Navi hat, wohl aber gute Nebelscheinwerfer, mit denen ich mich durch die Schwaden taste, fahre ich nach Gefühl. Das hat mich zusammen mit meinem besten Freund Tom fast ohne Umwege nach Poel gelotst. Wir wollten übers Wochenende unbedingt ans Meer, die Weite und Ruhe genießen.
Beim Spazierengehen am Strand sind wir ganz allein, ein wenig sehnsüchtig schauen wir aufs warme Licht, das aus den Häusern scheint. Zu nass und kalt ist es am Meer. Ach, wär’ das schön, wenn wir mit dem Twingo jetzt dort wären, wo die Rennautos des legendären Ingenieurs Amédée Gordini – die Vorgänger unseres Testwagens – ursprünglich zum Einsatz kamen: an der französischen Riviera oder auf Korsika. Dort feierte Renault in den 50er- und 60er-Jahren bei der Rallye Monte Carlo und der Tour de Corse seine größten Rennsport-Erfolge. Gordini bekam sogar den Spitznamen "Der Hexer", denn er holte ungeahnte Leistungen aus den Motoren.
Rennen könnte ich mit dem Twingo zwar nicht gewinnen. Aber trete ich aufs Gaspedal, springt er beherzt nach vorn und lässt beim Ampelstart seine größeren und vor allem schwereren Kollegen hinter sich. Auf der Autobahn gen Inselurlaub habe ich versucht, sein Sport-Gen auszureizen. Aber bei 200 km/h war Schluss. Und Freund Tom beschwerte sich, dass der Motoren- Sound die Musik übertrumpft. Stimmt: Der Drehzahlmesser, gut sichtbar an der Lenksäule angebracht, zeigte mir eine bedenklich hohe Zahl an. Ob es einen sechsten Gang gibt? Ich traute mich nicht, es auszuprobieren.
"Sogar im Neben dreht man sich nach uns um"
Ich muss gestehen, dass ich neue Gegenden am liebsten mit Geländewagen erkunde. Reisetasche reinwerfen und los. Doch der Renault Twingo schlägt sich beim Kofferraumvergleich erstaunlich gut. Für unser Wochenendgepäck reicht der Platz allemal. Auf dem Rücksitz merkt man zwar, dass der Twingo ein Kleinwagen ist. Aber große Mitfahrer können die beiden hinteren Sitze einzeln verstellen. Ein toller Luxus auf so kleinem Raum.
Positiv überrascht bin ich auch vom Verbrauch der Sportvariante. Der Twingo begnügt sich mit durchschnittlich 6,7 Litern Superbenzin pro 100 Kilometer, auf der Autobahn ist es nur unwesentlich mehr. Das Ersparte investieren wir am Kutterhafen gleich in lecker Fischspezialitäten. Bei dem schaurigen Wetter setzen wir uns mit unserem Snack ins Auto und diskutieren fachmännisch die inneren Werte des Testwagens.
"Mir gefallen Dinge, die unkonventionell sind"
Mir fällt auf, dass sich die beiden Racing-Streifen, die sich von der Motorhaube übers Dach zum Heck ziehen, auch am Lenkrad wiederfinden. Und sogar die Fußmatten sind am Rand im dem für Gordini-Wagen typischen Blau gehalten. Vor dem Schaltknüppel ist als Gimmick ein Schild mit der Produktnummer des Rallye-Twingos angebracht. Allerdings habe ich den Verdacht, dass das Design auf Kosten der Funktionalität geht. Der Tacho ist mittig über dem Radio angebracht, sodass man regelmäßig nach rechts schielen muss, um die Geschwindigkeit im Blick zu behalten. Das charakteristische Metallic-Blau in Kombination mit den beiden Streifen ist für mich als Hamburgerin mit dem typischen Hang zum Understatement eigentlich zu viel. Andererseits: Als Art-Direktorin gefallen mir Dinge, die unkonventionell sind.
Das Blau leuchtet so stark, dass sich sogar im Nebel noch Inselbewohner nach dem Twingo umdrehen, als wir Poel verlassen. Kaum sind wir auf der Autobahn, klart der Himmel auf, die Sonne kommt raus. Schnell haben wir die Höchstgeschwindigkeit erreicht. Die linke Spur gehört uns! Endlich kommt richtiges Rallye-Feeling auf, ich denke wieder an die Autorennen in Frankreichs Süden. Dieses Mal wird mir dabei sogar ein wenig warm.
Technische Daten vom Renault Twingo Gordini R.S.
Durchschnittsverbrauch: 6,7 l, CO2-Ausstoß: 155 g/km, PS: 133, Beschleunigung (0-100 km/h): 8,7 s, Höchstgeschwindigkeit: 201 km/h, Basispreis: 13.990 Euro. Mehr Infos unter www.renault.de
Lesen Sie auch in jeder EMOTION-Ausgabe die Kolumne von Jutta Kleinschmidt über "Fahrgefühle".