Schon mit vier Jahren fing sie an zu tanzen. Heute ist Sarah-Jane Brodbeck eine gefeierte Ballerina. Doch den Mut, das Gymnasium für eine Tanzausbildung abzubrechen, spürte sie erst, nachdem sie zu einem verlockenden Angebot Nein gesagt hat.
EMOTION: Sie kommen dirket von der Arbeit und wirken sehr entspannt. Dabei haben Sie ein anstrengendes Training hinter sich. Wie sieht Ihr Alltag aus?
Sarah-Jane Brodbeck: Meine Kollegen und ich trainieren von morgens zehn bis abends sechs Uhr. Mit zwei kleinen Pausen und einem kurzen Unterbruch für Mittag.
Wie geht es dabei Ihren Füssen?
Gerade gestern haben wir mit dem Masseur darüber gescherzt, dass ein Mann, der eine Frau mit schönen Füßen möchte, keine Ballerina heiraten darf! Aber meinen Füssen geht es gut. Natürlich spüre ich am Abend meine Zehennägel, besonders wenn wir "Schwanensee" geprobt haben. Doch zum Glück erholen sich meine Füsse schnell, sodass sie am nächsten Morgen wieder scherzfrei und voll belastbar sind.
Wie sind Sie zum Tanz gekommen?
Das entscheidene Erlebnis war eine "Schwanensee"-Aufführung am Fernsehen. Ich war viereinhalb Jahre alt - und hingerissen. Damals verbrachten wir einige Ferienmonate bei Verwandten in Australien und dort habe ich dann meine erste Ballettlektion erhalten. Zurück in der Schweiz, wollte mich keine Ballettschule aufnehmen. Zu jung! Einige vermuteten wohl, dass eine ehrgeizige Mutter dahinter stecken könnte.
War das so?
Nie! Meine Eltern haben mich immer unterstützt, doch da war absolut kein Druck. Mein Vater hätte mich ohnehin lieber als Akademikerin gesehen. Er machte sich Sorgen, weil eine Ballettkarriere kurz ist. Inzwischen ist er allerdings sehr stolz auf mich.
Sie hatten mit 15 Jahren die Möglichkeit, an die renommierte Hamburger Ballettschule zu gehen. Wieso blieben Sie in Zürich?
Ich war damals einfach nicht bereit, meine Familie und Zürich zu verlassen. Ausserdem hätte ich mir auch ein Leben als Pilotin vorstellen können oder ein Studium.
Und wann wussten Sie, dass nur das Ballett Ihre Berufung ist?
Drei Jahre später, als ich merkte, dass ich mit intensivem Training wirklich etwas erreichen könnte. In dem Moment konnte ich das Gymnasium mit gutem Gefühl abbrechen. Vielleicht war es nötig gewesen, mich erst dagegen zu entscheiden, um zu spüren, wie gross meine Leidenschaft tatsächlich ist.
Spätestens seit dem Film "Black Swan" mit Natalie Portman wissen wir, dass die Rivalität unter Tänzerinnen enorm ist. Wie erleben Sie das?
Hier in Zürich haben wir eine sehr gute Atmosphäre. Klar gibt es Momente, in denen die Nerven blank liegen. Ebenso kann es bei der Rollenverteilung zu Eifersüchteleien kommen. Ich erlebe jedoch den Konkurrenzkampf als Ansporn.
Wohnen Sie mit einer Ballett-Kollegin zusammen?
Nein. Mit einer Wirtschaftsprüferin. Wir sind zusammen aufgewachsen und Freundinnen geblieben.
Welche Ballerina bewundern Sie ganz besonders?
Sehe ich zum Beispiel Sylvie Guillem tanzen, frage ich mich manchmal, was ich hier eigentlich tue. Aber mehr noch motiviert sie mich!
Sie haben eine elfenhafte Figur. Halten Sie Diät?
Nein, offenbar habe ich eine gute Fettverbrennung. Ich liebe Pasta, Pizza und Fleisch, trinke gern Süsses wie Rivella rot. Und beim Training nasche ich Schokolade.
Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, was Sie tun werden, wenn Sie irgendwann nicht mehr auf der Bühne stehen?
Das war immer die erste Frage meiner Mitschülerinnen. Sie stresste mich. Ich finde, dass man sich vieles verbaut, wenn man zu sehr in die Zukunft schaut?
Sarah-Jane Brodbeck ist Solistin beim Ballett Zürich. Zurzeit tritt die 26-jährige im Rahmen des Programms "Ballettabend" auf, und zwar in dem Stück "New Sleep", einer Choreografie des Amerikaners William Forsythe. Infos unter opernhaus.ch.