Schauspielerin Isabella Schmid musste für ihren Beruf so viel reisen, dass sie vor drei Jahren unter einer regelrechten Kofferpack-Depression litt. Heute lacht sie darüber.
EMOTION: Frau Schmid, wann standen Sie zum allerersten Mal auf einer Bühne?
Isabella Schmid: Schon als Vierjährige. Da spielte ich in der Weihnachtsaufführung des Kinder- und Jugendtheaters Metzenthin im Zürcher Grossmünster den Stern von Bethlehem.
Sie spielten einen Stern?
Genau. Ich sollte den drei Königen den Weg durch die Kirche weisen. Doch bei einer Vorstellung verpatzte ich den Auftritt: Ich lief viel zu früh los.
Dieser Lapsus hinderte Sie nicht daran, trotzdem Schauspielerin zu werden.
Die Bühne faszinierte mich von klein auf. Mit zwölf Jahren war klar für mich: Ich werde Schauspielerin!
Wussten Sie damals schon, wie hart dieser Beruf sein kann?
Ja. Die Theaterleiterin Rosmarie Metzenthin machte uns Kindern nie falsche Hoffnungen. Sie brachte uns bei, dass die Schauspielerei viel Disziplin brauche, man Kritik ertragen müsse und der Spassfaktor ganz am Schluss stünde.
Mit 24 zogen Sie nach Deutschland und spielten von 1997 bis 1999 in der RTL-Fernsehserie "Hinter Gittern" mit. Über Ihre Rolle als Insassin Lollo sagten Sie: "Ich stand mit ihr auf, ging mit ihr ins Bett. Sie war immer bei mir." Nehmen alle Figuren, die Sie spielen, derart Beschlag von Ihrem Leben?
Nein. Aber wer in einer TV-Serie als Schauspielerin engagiert ist, beschäftigt sich während sechs Tagen der Woche nur damit: die Rolle zu erarbeiten, vor der Kamera zu stehen, neuen Text zu lernen und dazwischen zu schlafen.
Sind Sie deshalb nach zwei Jahren wieder aus der Serie ausgestiegen?
Ja, auch. Die Rolle fing an, mich zu langweilen. Ich spürte, ich kann mich nicht weiterentwickeln.
Belastet es Sie, als Schauspielerin häufig nicht zu wissen, an welchem Ort Sie in einigen Monaten spielen werden?
Heute nicht mehr so sehr wie früher. Noch vor fünf Jahren machte mich diese Situation extrem nervös. Ich brauchte lange, bis ich lernte, die Pausen zwischen zwei Engagements kreativ zu gestalten, statt in ein Loch zu fallen.
Heute sind Sie gelassener?
Ich mache mir auf jeden Fall weniger Sorgen um meine berufliche Zukunft. Ich bin jetzt seit 22 Jahren im Geschäft und habe mich etabliert. Im vergangenen Jahr war ich sogar mutig genug, Theaterangebote abzulehnen.
Weshalb taten Sie das?
Ich wollte es ruhiger angehen, wollte nicht dauernd unterwegs sein. Das ständige Kofferpacken macht mir schon länger Mühe. Vor drei Jahren war es ganz besonders schlimm. Ich stand vor meinem Kleiderschrank, wusste überhaupt nicht, was ich einpacken sollte, und fing an zu weinen. Ich bekam eine richtige Kofferpack-Depression.
Jetzt lachen Sie. Könnten Sie sich vorstellen, nicht mehr als Schauspielerin zu arbeiten?
Nie mehr? Nein. Ein wenig Schauspielerei muss in meinem Leben bleiben, sie bedeutet mir viel.
Das heisst?
Ich liebe meinen Beruf, würde ihn aber ohne mit der Wimper zu zucken eintauschen, wenn ich zwischen ihm und meinem Freund Christos Mantas und meiner Familie entscheiden müsste.
Trotz Ihrer Liebe zur Bühne haben Sie eine neue Herausforderung angenommen – als Lehrerin an der Task Köln, einer Schauspielschule für Kinder und Jugendliche. Wie kam es dazu?
Vor zwei Jahren fragte mich eine Kollegin, ob ich für sie an der Schule drei Wochen als Vertretung einspringen könnte. Ich zögerte zuerst, sagte dann aber zu, ihre Kurse zu übernehmen.
Warum das Zögern?
Ich glaubte, ich könne anderen Menschen nicht vermitteln, wie sie eine Szene auf der Bühne zu spielen hätten. Mich würde eh keiner verstehen. Darum schwor ich mir auch, niemals Regie zu führen. Ich dachte immer, mein Platz ist auf und nicht vor der Bühne.
Jetzt sehen Sie das anders?
Ja, während der Kurse, die ich als Lehrerin leitete, realisierte ich bald: Die Kinder verstehen tatsächlich, was ich von ihnen möchte. Sie spielten die Szene so, wie ich sie mir vorgestellt hatte.
Ein gutes Gefühl.
Es machte Spass und gab mir Befriedigung. So kam es dazu, dass ich mich am Ende meiner Vertretung bei der Schulleitung meldete und sagte, falls Bedarf bestünde, würde ich gern selber eine Klasse übernehmen. Und jetzt unterrichte ich also seit anderthalb Jahren am Montag und Samstag Schülerinnen und Schüler im Alter von sechs bis 17 Jahren.
Und wenn Sie ein Theaterengagement haben oder einen Film drehen?
Dann gibt es dort eine Vertretung für mich.
Nach diesen überraschend guten Erfahrungen als Lehrerin: Könnten Sie sich auch vorstellen, als Regisseurin zu arbeiten?
Mmh, ich glaube, ich bleibe Schauspielerin.
Sag niemals nie.
Sie haben recht. Wer weiss, vielleicht versuche ich es tatsächlich in ein paar Jahren mit einer Regiearbeit für ein Theaterstück. Konkrete Pläne in der Richtung habe ich aber nicht.
Keine Pläne machen – ist das die Art, wie Sie durchs Leben gehen?
In Köln, wo ich lebe, sagt man: „Et kütt wie et kütt. Et hätt noch immer jot jejange.“ Heisst: „Es kommt wie es kommt, es ist noch immer gut gegangen.“
Isabella Schmid, 42.
Die Schauspielerin wuchs in Herrliberg, Kanton Zürich, auf und ist seit 22 Jahren auf der Bühne und der Leinwand zu Hause. Ausserdem gibt sie Schauspielunterricht für Kinder und Jugendliche. Demnächst ist Isabella Schmid im Kinofilm „Von der Müdigkeit des Glücks“ von Stefan Hoppe zu sehen. Sie lebt abwechselnd in Herrliberg und mit ihrem Freund Christos Mantas, einem Anwalt, in der Nähe von Köln.