Wie ich zur Fane Alm wanderte und der Zeit davon lief.
Egal, wo man spazieren geht, die steilen Felsen sind allgegenwärtig. Sie blitzen zwischen den historischen Fassaden hervor oder grüßen den Besucher des Museions.
Wenn man durch die Straßen einer Stadt schlendert und nach oben schaut, sieht man hinter den Häusern meist nur noch mehr Häuser. In Bozen nicht. Da werden die Giebeldächer von Bergen überragt. Egal, wo man spazieren geht, die steilen Felsen sind allgegenwärtig. Sie blitzen zwischen den historischen Fassaden hervor oder grüßen den Besucher des Museions, dem Museum für zeitgenössische Kunst, durch die Glasfronten. Besonders schön: der 2563 m hohe Rosengarten, den man von Bozen aus rot leuchten sieht. Das Abendglühn der Bergkette nennt man in Ladinisch "enrosadira". Das ist beeindruckend und auch wohltuend, man fühlt sich wie behütet von den Riesen der Natur.
Sollte es einem im sonnigen Tal zu heiß werden, bieten sie auch noch Erfrischung. In wenigen Minuten gelangt man mit der Seilbahn auf den Ritten, den Hausberg von Bozen, schwebt erst über Weinreben, dann über dichte Wälder, um oben angekommen zum einen die Weite zu genießen, zum anderen noch mehr Berge zu sehen: von den Spitzen des Rosengartens bis zum Ortler, dem höchsten Gipfel Südtirols.
"Wir sind die Berge", sagte eine Südtirolerin, die ich während meines Aufenthalts kennengelernt habe. Ich verstand nicht, was sie meinte. Musste aber stark an sie denken, als ich kurz darauf mit meinem Auto auf eine Alm fuhr. Was heißt hier fuhr! Schlich, kurbelte, schnappatmete – und nur einen Gedanken hatte: Ob Südtiroler Fahrlehrer ihrer Schüler wohl hier Anfahren am Berg üben lassen?
Ich konnte kaum glauben, wie steil die Straßen und scharf die Kurven waren. Als ich dann auch noch eine Gruppe Wanderer überholte, vermied ich jeden Blickkontakt. Ich schämte mich, nicht auch deshalb zu schwitzen, weil ich zu Fuß unterwegs war, und schwor mir: Meine nächste Marende, das ist Südtirolerisch für eine deftige Brotzeit, erwandere ich mir ebenfalls.