Chancen nutzen, an Krisen wachsen, Neues wagen – Die Lust auf Neues ist nie größer als zu Beginn eines Jahres. Wie wäre es, wenn wir es diesmal nicht nur bei den guten Vorsätzen beließen? Unsere Blog-Autorinnen haben sich dazu ein paar Gedanken gemacht.
Über grüne Wiesen und tiefe Schluchten, durch Höhlen und Geisterhäuser rennt und hüpft er, klettert an Lianen empor, trotzt den Angriffen aggressiver Schildkröten und entkommt reißenden Lavaströmen. Dabei bleibt der kleine italienische Klempner Mario immer cool, lässt sich absolut nichts anmerken. Höchstens entfährt ihm mal ein "Mamma Mia!" Wer so ein Teufelskerl ist, hat wahrscheinlich nichts zu verlieren. Hat er auch nicht, denn Mario – oder besser gesagt "Super Mario" – ist die berühmteste Videospielfigur der Welt und als solche Inhaber einer Lebens-Flatrate. Fällt er doch mal einer fleischfressenden Pflanze zum Opfer, fängt er eben noch einmal von vorne an.
Wie wäre es, wenn man das Leben neustarten könnte? Manchmal fühlt man sich wie in einer Sackgasse. Wenn man einfach nicht weiterkommt oder bemerkt, dass man sich an einer Stelle befindet, wo man niemals hinwollte. Ich könnte jemand ganz anderes sein, ein ganz anderes Leben haben, denkt man in solchen Momenten. Die ganzen verpassten Gelegenheiten nachzuholen, falsche Entscheidungen nicht zu treffen, einen ganz anderen Weg einzuschlagen – klingt doch nach einer verlockenden Option. Das war wohl nichts. Nochmal bitte!
Natürlich hat diese Idee den Haken, dass einem ein Neustart nur dann etwas bringen würde, wenn man seine guten und schlechten Erfahrungen mitnehmen könnte. Sonst würde man höchstwahrscheinlich genau dort wieder ankommen, wo man aufgehört hatte. Nimmt man sie aber mit, fehlt der Rausch des neuen, unbefangenen Beginnens. Wer würde schon gerne seinen ersten Kuss nochmal erleben, wenn er schon weiß, wie sich das anfühlt?
Wenn man ganz ehrlich ist, hat es auch etwas für sich, dass bestimmte Lebensphasen vorbei und überwunden sind. Nochmal 13 sein und den ganzen Pubertätsstress mitmachen? Nein, danke. Trotzdem gehören auch schwierige Zeiten und Fehler zum Leben. Die wird man nicht vermeiden können, egal, wie viele Versuche man hätte.
Das gemeine am linearen Fluss des Lebens ist, dass wir nachher immer schlauer sind als vorher, wir aber Entscheidungen immer im Vorher treffen müssen. "Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts" brachte es der dänische Philosoph Sören Kierkegaard so schön auf den Punkt.
Wir müssen zwar vorwärts gehen, aber nicht auf einem vorgespannten Seil balancieren. Ob wir uns weiter rechts, links oder im Zickzack bewegen, können wir glücklicherweise selbst bestimmen. Und das ohne zu wissen, was hinter der nächsten Ecke kommt. Wir mögen nicht unendlich viele Leben haben, aber dafür haben wir die Chance, an unseren Erfahrungen zu wachsen, wenn sich ein vielversprechender Weg als Holzweg entpuppt und daraufhin den Kurs nochmal zu wechseln. Ein Zurück gibt es nicht, wir leben immer ohne doppelten Boden, ohne "Neustart"–Taste. Das macht es ja so viel spannender als immer wieder das gleiche Level durchzuspielen.