Veganer verzichten auf alles, was vom Tier kommt. Vegane Kosmetik logischerweise auch. Ist sie der neue heilige Gral der Beautyindustrie? Wir klären auf.
Vegetarismus war gestern. Heute ist vegan das neue Ultimum. Für Veganer sind alle Lebensmittel tierischen Ursprungs und Produkte mit solchen Zutaten tabu – im Gegensatz zu Vegetariern, die Milch, Eier, Honig und Co tolerieren, sind die Veganer also die Radikalisten der Veggie-Szene.
Die internationale Ernährungsoranisation ProVeg schätzt die Zahl der Veganer in Deutschland auf 1,3 Millionen – Tendenz steigend.
Quelle: ProVegTweet
Vegan leben – die Zahl der Veganer steigt
In Sachen Ernährung ist 'vegan' ein Konzept, das gut durchdacht werden sollte, denn nur mit einem stimmigen Speiseplan bekommt unser Körper alle Nährstoffe, die er braucht. Der vegane Ansatz richtet sich vor allem gegen Massentierhaltung und der damit verbundenen CO2-Emission, den Antibiotikamissbrauch in der Tierhaltung und andere Missstände – er ist eine Protestbewegung, die gleichzeitig unserer Gesundheit zugute kommen soll.
Vegan cremen, vegan duschen
Im Beautyregal scheint es, im Gegenssatz zur Ernährung, fast einfach – schnell greifen wir zum Shampoo mit 'vegan'-Aufruck und können damit eigentlich gar nichts falsch machen, oder? Jein – denn vegan heißt zwar, dass die Produkte keine tierischen Inhaltsstoffe enthalten, aber nicht automatisch, dass diese Produkte tierversuchsfrei produziert wurden.
Wo liegen die Unterschiede zwischen vegan, tierversuchsfrei und Naturkosmetik?
Naturkosmetik
Naturkosmetik meint erst einmal nur Kosmetik, die aus natürlichen Rohstoffen hergestellt wird, die pflanzlichen, tierischen oder mineralischen Ursprungs sind. Einige Produkte enthalten naturidentische Stoffe und gehen höchstens als grüne Kosmetik durch, andere enthalten ausschließlich pflanzliche Rohstoffe aus biologischem Anbau – die einzelnen Naturkosmetiksiegel geben darüber Auskunft, sie zertifizieren mit jeweils eigenen Kriterien. Selbst für erfahrene INCI-Listenchecker sind die Kosmetiksiegel letzte Instanz. Denn einigen Inhaltsstoffen kann man auf der Ingredienzienliste nicht ansehen, ob sie pflanzlichen oder tierischen Ursprungs sind – Glycerin zum Beispiel.
Alles vegan in der Naturkosmetik?
Nein, denn einige Naturkosmetikprodukte enthalten Inhaltsstoffe, die von Tieren stammen. Zum Beispiel Milch, Bienenwachs (auf der INCI-Liste steht meist der Name "Cera Flava"), Karmin (Ein roter Farbstoff, der aus weiblichen Schildläusen gewonnen wird), Keratin (Horn, das aus zermahlenen Hufen, Federn oder Hörnern stammt) oder Lanolin (der Wollwachs aus den Talgdrüsen von Schafen).
Ein Siegel weist speziell vegane Produkte aus: die Veganblume. Das Siegel der Vegan Society aus England garantiert, dass das Produkt aus 100% pflanzlichen Inhaltsstoffen besteht. Bei der Produktion dürfen keine tierischen Bestandteile verwendet werden, außerdem muss es tierversuchsfrei hergestellt werden. Zertifizierte Naturkosmetik ist allerdings häufig vegan – denn die ethischen Richtlinien stimmen zum Großteil überein. Die Beautymarke Lavera zum Beispiel hat rund 95% seines Sortiments vegan gelabelt.
Tierversuchsfreie Kosmetik
Wer Kosmetik ohne Tierversuche benutzen möchte, ist nicht automatisch mit 'vegan' auf der sicheren Seite. Auch wenn darauf verwiesen wird, dass ein Produkt tierversuchsfrei ist, muss das nicht für die einzelnen Inhaltsstoffe gelten. Die können nach den Chemikalienrichtlinien getestet worden sein. Das BDIH-Siegel, die Vegan-Blume, das NaTrue Siegel, Demeter, das Cruelty Free Siegel und der Hase mit der schützenden Hand weisen aber die Beautyprodukte aus, die ohne Tierversuche entstanden sind. Welche Unternehmen in Deutschland ihre Produkte grundsätzlich ohne Tierversuche herstellen, hat die Tierrechtsorganisation Peta in einer Liste zusammengefasst.
Vegane Kosmetik
Alles, was vom Tier stammt, kommt nicht in die vegane Tube. Achtung, Verwechslungsgefahr: Vegan ist nicht gleich bio, auch konventionelle Beautyprodukte aus dem Drogeriemarkt oder der Apotheke können vegan sein, wenn sie komplett auf tierische Inhaltsstoffe verzichten. Vegan heißt also nicht unbedingt, dass das Produkt frei von chemischen oder kritischen Inhaltsstoffen wie Konservierungsmitteln oder schaumbildenden Tensiden ist.
Eine Trendstudie der Fachmesse für Naturkosmetik Vivaness zeigt, dass der Verbrauch an Naturkosmetik 2018 um 10% gestiegen ist – dafür ist sicherlich auch die Vegan-Bewegung verantwortlich.
Quelle: VivanessTweet
Wer also zukünftig sein Badezimmerregal als vegan deklarieren möchte, sollte seinen Blick auf Siegel schärfen. Die geben im Zweifel mehr Auskunft über Inhaltsstoffe, Herkunft und den Einsatz von Tierversuchen, als es die INCI-Liste auf dem Tubenrücken tun könnte.