Alkoholabstinenz: So lebt Autorin Susanne Kaloff "ohne"
10.01.2019
Susanne Kaloff
Selbst gewählte Alkoholabstinenz – Autorin Susanne Kaloff verordnete sich selbst ein alkoholfreies Leben und schrieb auch gleich ein Buch darüber: "Nüchtern betrachtet war's betrunken nicht so berauschend".
Alkoholfrei leben – Susanne Kaloff wagt es
Irgendwann hatte die Hamburger Lifestyle-Autorin Susanne Kaloff keine Lust mehr auf HANGOVER. Also machte sie Schluss mit Wein, Crémant und Gin Tonic – und auch ein bisschen mit ihrem alten Leben: Drama war gestern
"Wenn man aufhört, das zu tun, was alle tun, wird's immer erst mal schräg. Die eigene Wahrheit oder das, was man dafür hielt, kommt plötzlich ins Schwanken. Ich entschied mich vorletztes Jahr im wahrsten Sinne des Wortes über Nacht dazu, Alkohol aus meinem Leben zu streichen. Es gab keinen dramatischen Anlass, weder hatte ich einen letzten schlimmen Kater noch schüttete ich, um mein Vorhaben mit großer Geste zu unterstreichen, angebrochene Weinflaschen in den Ausguss. Es war ein leiser Abschied, einer, den ich ausschließlich mit mir selbst besprach. Ich ließ niemanden daran teilhaben, nicht aus Sorge, es nicht zu schaffen, eher aus Rücksicht, damit sich niemand von meiner Askese bedroht fühlte.
Dass das dann dennoch passierte, ist der Lauf der Dinge, es geschieht einfach so, weil man die anderen durch sein stetes Wassertrinken daran erinnert, was sie im Glas haben. Das ist schade, denn ich wollte nie eine moralische Instanz werden, die mit dem Drehbleistift in der Ecke steht und sich Notizen macht, sobald die anderen Schlagseite kriegen und man den wirren Geschichten nicht mehr folgen kann. Man verliert nicht nur den Faden, manche Menschen entfernen sich auch, vielleicht entfernte aber auch ich mich von ihnen.
Seit ich nicht mehr mitmache beim fröhlichen Bechern, Anstoßen, Cheers-Brüllen und Sich-gehen-Lassen, wurde ich einsamer. Oder sagen wir es lieber so: Ich war mir nie näher, und den anderen nie ferner.
Aber das Nichttrinken ist ein Prozess. Und das, was sich anfangs noch schief und krumm und wackelig anfühlt wie eine innere Konstruktion, der man selbst nicht über den Weg traut, wird mit voranschreitender Abstinenz robuster. Ich wurde nicht nur stabiler im Geist, auch körperlich habe ich an Kraft gewonnen. Mehr Sport, mehr Ausdauer, weniger anfällig für Malaisen. Auch das Drama im Leben, das ja so viele Bereiche betrifft – von Jobbeziehungen bis zu Liebesbeziehungen –, lässt nach.
Mit den Monaten stellte sich eine immense Ruhe in mir ein, eine, die ich weder auf der Yogamatte noch durch ein Glas Rotwein jemals so erfuhr. Allerdings muss ich zugeben, dass es durchaus Ersatzhandlungen gab, dass auch viel Kompensation bei mir stattfand. Anfangs waren das Süßigkeiten, weil wenn schon keine Drinks, hey, dann kannste doch wenigstens Zucker essen, als gäbe es kein Morgen. Jedenfalls versicherte ich mir das eine ganze Weile lang. Dann ließ ich das sein und fand eine neue Ersatzbefriedigung: Vintage-Klamotten. Wann immer ich mich also einsam, ausgehöhlt oder doof fühlte, stöberte ich nach Secondhand-Schätzen. Davon habe ich bisher noch keinen Kater bekommen."
"Sober January" oder "Dry January" – sprich der klassische Alkoholverzicht am Anfang des Jahres – wird immer beliebter. Wer darüber nachdenkt, es mal alkoholabstinent zu versuchen, liest unterstützend am besten Susanne Kaloffs Buch "Nüchtern betrachtet war's betrunken nicht so berauschend. Ein Trip in die Freiheit".
Fischer Verlag, 14, 99 Euro erschienen als Taschenbuch