Lea Cramer hat einen Online-Sexshop eröffnet. Wie sie ihr Start-up als zweifache Mutter stemmt und was ein Womanizer ist, hat sie uns verraten
Lea-Sophie Cramer (29), Gründerin und Geschäftführerin des Luxus-Online-Sexshops Amorelie, zählt zu den bekanntesten Vorzeige-Gründerinnen Deutschlands. Wir haben die bald zweifache Mutter in Hamburg getroffen und mit ihr geplaudert.
EMOTION: Wie sind Sie auf die Idee gekommen Amorelie zu gründen? Lea-Sophie Cramer: Ehrlich gesagt kam das durch 50 Shades of Grey. Ich habe das Buch im stillen Kämmerlein gelesen. Auf einer Bahnfahrt von München nach Berlin sah ich dann bestimmt 15 Leute, die das Buch ganz ungeniert gelesen haben. Da habe ich gemerkt, der Bestseller ist massentauglich. Als ich mich auf die Suche nach den Toys aus dem Buch gemacht habe, konnte ich keinen schönen Shop finden. "Wenn's nichts gibt – musst du's eben selber machen", dachte ich mir dann. Der Sexshop sollte aber in die heutige Zeit passen, Online sein und Frauen und Paare ansprechen.
Und wie haben Sie die passenden Produkte gefunden?
Ich habe mich gefragt: Wird wohl eher ein Penisring mit Vibration oder eine Einsteigerbox für Paare gekauft? Mein Freund und ich dachten ja auch, wir haben keine Ahnung, sagt ihr uns, was wir am besten kaufen sollen.
Verkaufen sich die Paarboxen denn am besten auf der Website?
Ja, die Paarboxen, der Adventskalender und der Womanizer sind unsere meist verkauften Produkte.
Der Womanizer?
Viele Frauen haben eben doch noch Probleme zum Orgasmus zu kommen. Der Womanizer erleichtert es total und ist das erste Produkt, das nicht vibriert, sondern saugt. Für viele Frauen ist das total angenehm. Die Rabbits verkaufen sich auch super. Die sind ja damals durch Sex and the City bekannt geworden, aber immer noch ein totales Hitprodukt, weil die Frau damit von außen und innen stimuliert wird.
Kaufen denn nur Frauen bei Amorelie ein?
Nicht nur. Am meisten wird für die Frau in einer Paarbeziehung gekauft, damit sie einfacher kommen kann. Männer fühlen sich auch wohler und sind entspannter, wenn die Frau Spaß hat. Deswegen haben wir auch viel mehr Produkte für Frauen im Sortiment.
Hatten Sie keine Sorge, als Gründerin eines Sexshops abgestempelt zu werden?
Doch, total. Ich dachte, wenn ich die erste Frau bin, die ein Start-up gründet und es dann auch noch ein Sexshop ist, kann ich danach überhaupt noch zu Siemens oder SAP gehen? Ich glaube, das wäre vor ein paar Jahren noch schwieriger. Mittlerweile leben wir in einer Kultur, in der Menschen das bewundernswert finden.
Diese Jahr feiert Amorelie seinen fünften Geburtstag und hat inzwischen über 100 Mitarbeiter. Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ich wünsche mir, das wir uns breiter für Beziehungen aufstellen. Sex ist ja nur ein Teil von Liebesbeziehungen. Was macht etwa emotional glücklich? Mich begeistern Beziehungen. Ich mache regelmäßig Coachings mit meinem Freund, weil mir wichtig ist, dass wir eine tolle Beziehung haben. Die haben wir übrigens schon seit neuneinhalb Jahren.
Außerdem sind wir letztes Jahr profitabel geworden, das will ich dieses Jahr auf jeden Fall wiederholen, um zu zeigen, dass wir ein solides Start-up sind, das selbstständig existieren kann.
Sie sind zur Zeit mit Ihrem zweiten Kind schwanger – wie lässt sich Kind und Start-up kombinieren?
Das Start-up ist wie ein weiteres Kind. (lacht) Da es mein eigenes Unternehmen ist, war mein erster Sohn ab dem dritten Monat jeden Tag mit mir im Büro. Ein Au Pair aber auch, sonst kommt man nicht zum arbeiten. Ich habe keine Elternzeit genommen. Das würde ich dieses Mal auch wieder so machen. Wir bieten unseren Mitarbeitern aber auch an, die Kosten für eine Nannie zu teilen. Ich würde mir wünschen, dass das oder Arbeitskitas zur Normalität wird.
Haben Sie das Gefühl, dass Mütter es in der Arbeitswelt schwerer haben?
Viele Eltern haben noch ein traditionelles Rollenbild im Kopf und bekommen deswegen wenig Unterstützung von ihrem Partner. Außerdem haben viele Arbeitgeber noch eine veraltet Vorstellung vom Arbeitsalltag. Dann spielt das Mutterideal und Rollenbild, das in der Gesellschaft existiert, auch noch eine Rolle und das ist in Deutschland noch sehr konservativ. Das Wort Rabenmutter gibt es zum Beispiel nur im Deutschen, in sonst keiner anderen Sprache. Ich glaube, wir sind noch weit entfernt davon, Mütter in der Arbeitswelt zu akzeptieren und zu unterstützen.
Finden Sie, dass die Regierung in dem Bereich mehr tun sollte?
Es gibt noch unfassbar viel zu tun. Ein Thema ist Kitaplätze. Wie sollen, verdammt noch mal muss, man fast sagen, Eltern wieder arbeiten, wenn in Deutschland 250.000 Kitaplätze fehlen. Nicht jeder kann sich ein Au Pair leisten. Wir regen uns über zu wenig Frauen in Führungspositionen auf, schaffen aber gleichzeitig keine Bedingungen dafür.
Sicher haben auch Sie Wünsche und Forderung an die Politik. Genau die können Sie in unserer Frauen-Forderungs-Community zur Wahl endlich einmal loswerden. Machen Sie mit!