Seit Cannes gilt Regisseurin Maren Ade als Zukunft des deutschen Films. Jetzt wollen wir mehr über sie wissen: Unsere Kino-Tipps im August!
Warum sind alle so beeindruckt?
Als das Klatschen nach den letzten Bildern von "Toni Erdmann" kein Ende nehmen will, scheint es ausgemacht: Zum ersten Mal wird eine deutsche Regisseurin die Goldene Palme bekommen! Einen Film, der begeisterter aufgenommen wird als dieser, kann es hier, bei den Filmfestspielen in Cannes, ja wohl nicht geben!
Dass am Ende dann doch wieder ein Mann den "Hauptpreis" nach Hause trägt, der verdiente Brite Ken Loach, und Ade "nur" den Kritikerpreis bekommt: geschenkt. Viel wertvoller ist das Gefühl, die neue Hoffnung des deutschen Films "entdeckt" zu haben. Eine, die andere Ideen hat, als den x-ten chaotischen Herzensbrecher durch Berlin stolpern oder Kinderbuchhelden über Wiesen reiten zu lassen. Eine, die schon mit 17 Jahren und einer HI8-Kamera den ersten Film drehte. Eine Frau mit Passion.
Aber wer ist die Frau überhaupt?
Dass Maren Ade, heute 39, was kann, ist schon seit 2009 klar: Damals sorgte "Alle anderen", der zweite Film der Karlsruherin, auf der Berlinale für Aufsehen. Das Beziehungsdrama, in dem Lars Eidinger und Birgit Minichmayr Geschlechterfragen ausloten, bekommt den Silbernen Bären. Die Erwartungen sind nun hoch, doch Ade gründet erst mal eine Produktionsfirma und schreibt, mit dem ersten Kind schwanger, am Drehbuch für "Toni Erdmann". Ihren zweiten Sohn bringt sie vier Jahre später, während der Postproduktion, zur Welt.
Warum kickt der Film uns so?
Weil er Film Dynamiken innerhalb einer Familie erkundet, die wir alle kennen. Das Warten darauf hat sich gelohnt: Ein Werk, das auf Selbsterkenntnis beruht, braucht halt seine Zeit. Und es zeigt einmal mehr: Maren Ade ist eine präzise Beobachterin. Sie begleitet ihre Figuren, taucht mit ihnen in ihr Leben. Das Ergebnis ist so realistisch und dabei voller Gefühl, als hätte Ade ihre eigenen Gedanken ins Drehbuch geschrieben. "Alle meine Filme tragen autobiografische Züge", sagt sie. Für Ines, die toughe Karrierefrau in "Toni Erdmann", hat sie aber auch Frauen in Führungspositionen interviewt. "Die meisten von ihnen haben ihre Ausnahmeposition genossen, auch wenn sie sie manchmal einsam gemacht hat." Die zerrissene Ines ist die spannendste Frauenfigur des Jahres von der vielversprechendsten Regisseurin des Moments. Großartig!
TONI ERDMANN
Vater und Tochter führen getrennte Leben. Blöd, findet der Vater, und dringt mit Perücke und falschen Zähnen als "Toni Erdmann" in Ines' Jobleben ein. ein Amoklauf aus schmerzhaften Scherzen beginnt... Brutal lustig!
Mit: Sandra Hüller und Peter Simonischek
Regie: Maren Ade
Start: 14. Juli 2016