Im Interview mit Andrea Latritsch-Karlbauer erklärt uns die Autorin und Expertin für Körperhaltung, was das Gehverhalten über uns aussagt.
Emotion.de: Woher kam die Idee zu Ihrem aktuellen Buch "Wer geht gewinnt"?
Andrea Latritsch-Karlbauer: In meiner langjährigen Tätigkeit als Trainerin für Haltung und authentische Kommunikation und der intensiven Auseinandersetzung mit der Wechselwirkung von Körper und Psyche habe ich entdeckt, dass die Füße unsere emotionale Befindlichkeit widerspiegeln und uns so in eine bestimmte Richtung beeinflussen.
Hat Ihr Buch etwas an Ihrem eigenen Gang verändert?
Meinen Gang habe ich bereits vor dem Schreiben des Buches optimiert und das hilft mir sehr, ein Leben mit viel Kreativität und Leichtigkeit zu führen.
Sie haben eine Ausbildung im Bereich Pantomime, Improvisations- und Clownstheater gemacht. Inwieweit war dieses Wissen nützlich für Ihr Buch?
Dieses Wissen war der Ausgangspunkt für mein Interesse an dem Thema "Körperressourcen", einer Quelle, die uns Menschen ohne jegliche Manipulation weiterbringt. In der Pantomime geht man in eine Körperhaltung und dann kommen die Gedanken, die zu dieser Haltung passen. Das heißt ich kann mich sehr schnell in ein Wohlbefinden bringen und das Gehirn belohnt mich dafür. Ich lebe dieses Wissen und vermittle das auch in meinem Buch. Es ist alles sehr logisch und nachvollziehbar.
In Ihrem Buch erzählen Sie, dass Ihre persönliche Erdung Ihnen zu einem ausbalancierten Körper- und Lebensgefühl verholfen hat. Wie haben Sie das geschafft?
Als junge Frau hatte ich viele Ängste, die mir mein Leben schwer machten. Auf der Bühne hatte ich solche Versagensängste, dass ich dabei immer wieder meine Stimme verlor und immer unsicherer wurde. Das ist für eine Schauspielerin mehr als fatal.
In all meinen Ausbildungen suchte ich nach einer Methode, die mir helfen sollte, meine Leidenschaft zu leben und zu genießen. Überall fand ich kleine Puzzleteile, die ich so nach und nach zusammenfügte und daraus eine eigene Methode entwickelte, die ressourcenstärkend über den Körper wirkt. Das ist Befreiung pur.
Kann jeder so ein ausbalanciertes Gefühl entwickeln?
Ja, das kann ich mit Sicherheit sagen, da ich dies täglich mit Menschen in Seminaren und Einzeltrainings umsetze. Es ist unglaublich, wie sich das Wohlbefinden und die gesamte Ausstrahlung der Menschen oft in dem Moment ins Positive verändert, wenn die entscheidenden Blockaden des Körpers gelöst werden. Das überträgt sich dann auf die Seele, die Emotionen und das Denken.
Gibt es bestimmte Gangarten, die Rückschlüsse auf bestimmte Charakterzüge erlauben?
Ja, ich kann an der Gangart die Folgewirkung auf den Menschen erkennen. Perfektionistische Menschen gehen meist mit vorgeneigtem Oberkörper. Das ist ein massiver Stressverstärker, wohingegen ein hin- und herwackeln zu Entscheidungsschwäche oder ein nach hinten geneigter Oberkörper Menschen zweifeln lässt. Ein sehr breiter Gang mit nach außen zeigenden Fußspitzen führt zu Übertreibungen und mangelndem Empathievermögen. Nach innen zeigende Fußspitzen lassen dagegen auf wenig Selbstwert schließen. Ändert man dieses Gehverhalten, dann ist alles anders. Dafür gibt es tausende Beispiele aus meiner Praxis.
Worauf achten Sie als erstes, wenn Sie jemandem zum ersten Mal begegnen? Ist es wirklich der Gang?
Ich schaue zuerst auf die Füße und sehe dann in der gesamten Körperhaltung, im Atem bis hin zur Mimik und Stimme, die Auswirkung. Wie treffsicher das ist, verblüfft die Menschen. Gehen und Haltung drücken die Einstellung des Menschen zum Leben aus und beeinflussen diese.
Nach dem Motto "Going statt Meeting" empfehlen Sie, Termine ruhig mal ins Freie zu verlegen. Warum eigentlich?
Bereits die Peripathetiker im alten Griechenland wandelten in den Säulengängen, um ihre Gedanken zu ordnen und Ideen zu entwickeln. Es ist erwiesen, dass die Gedanken während des Gehens in Fluss kommen.
Mittlerweile werden auch Psychotherapien im Gehen durchgeführt, da das weitaus schneller zu befriedigenden Ergebnissen führt. Während des Schlenderns und Flanierens vergisst man Probleme schneller, die Kreativität sprießt und wir denken lösungsorientiert.
Und können Sie nachvollziehen wie dieser Tipp in der Praxis ankommt?
Viele Firmen, in denen ich arbeite, setzen diesen Ratschlag bereits um, indem sie Mitarbeitermeetings während des Gehens machen. Die Leute sind begeistert, weil das Ganze zu einem regen Austausch und gleichzeitig zu einem Wohlfühleffekt durch die Bewegung im Freien führt. Das ist lebendige Unternehmenskultur und ein Meilenstein im Sinne einer betrieblichen Gesundheitsförderung.
Welches Projekt haben Sie denn als nächstes geplant?
Ich bin sehr viel als Vortragsrednerin und Trainerin im gesamten deutschsprachigen Raum unterwegs. Gleichzeitig schreibe ich schon intensiv an meinem neuen Buch, dessen Titel ich noch nicht verraten möchte, das aber nächsten Herbst erscheinen wird.
Andrea Latritsch-Karlbauer ist Expertin für Haltung und authentische Kommunikation. Sie ist gefragte Vortragende und schult als Trainerin für Haltung und Authentizität in ihren Seminaren Menschen aus den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Mit dem professionellen Blick der Schauspielerin erkennt die Autorin die Botschaften der Körperhaltung und hilft Menschen dabei, selbstbewusster und mutiger zu werden und ihr Leben in Fluss zu bringen. Ihr aktuelles Buch heißt "Wer geht gewinnt – Wie Ihr Gehen Ihr Handeln bestimmt". Sie lebt in Kärnten in Österreich und arbeitet im gesamten deutschsprachigem Raum. Auf ihrer Website finden Sie weitere Informationen.