Mentalcoaching für zu Hause. Unsere Experten verraten ihre fünf Erfolgsstrategien. Plus jede Menge Tipps, wie man die Nerven behält, wenn es drauf ankommt.
Schalten Sie Ihren Verstand aus. Dann klappt’s!
ANDRÉ DAIYÛ STEINER, verbindet Zen und Samuraigeist mit Coaching und berät Sportler sowie Führungskräfte. Mehr in seinem Buch: "Die 7 Wege des Samurai: Management und Führung mit fernöstlichen Prinzipien" oder über www.imakoko.de
EMOTION: Nehmen wir an, ich halte jetzt gleich einen wichtigen Vortrag. Wie gelingt es mir, mich komplett darauf zu fokussieren?
In dem Moment darf es keinen Gedanken geben. Sie mü̈ssen eins sein mit dem, was Sie tun.
Wollen Sie mir damit sagen, ich soll nicht denken?
90 Prozent aller Entscheidungen treffen wir unbewusst. Das heißt: Unsere Emotionen entscheiden, der Verstand erklärt die Entscheidung nur. Muss ich erst denken, bedeutet das ja, dass ich etwas nicht weiß. Man sollte also vorher üben, alles zu wissen, was man für den Vortrag braucht, um im entscheidenden Moment nicht mehr denken zu müssen.
Das hört sich kompliziert an.
Das liegt daran, dass wir grundsätzlich verlernt haben, uns zu konzentrieren. Um es wieder zu lernen, gibt es eine einfache Übung: bis zehn das Ausatmen zählen und dabei nicht denken. Klingt simpel, aber die meisten haben sofort zehn Gedanken im Kopf – und so nie die Chance, Flow zu erleben.
Was passiert, wenn wir im Flow sind?
Dann gibt es kein Ich mehr, das mich kommentiert und kritisiert. Meine Intuition lässt mich handeln. Alles fällt leicht. Es gibt Tennisspieler, die in einem Match sogar die Rotation des Balls beobachten können, wie in Zeitlupe. So konzentriert sind sie. Würden sie anfangen zu denken, wäre das vorbei.
Wie gelange ich in diesen Zustand?
Durch Meditation. Sie beruhigt die Emotionen, sodass sie kraftvoll und heilsam werden. Gelassenheit stellt sich ein. Nur so komme ich ins Hier und Jetzt.
Rechnen Sie mit dem Schlimmsten! So werden Sie souverän.
MARION KLIMMER, ist Mental-Trainerin für Golfer und Führungskräfte. In ihren Seminaren spornt sie zu Höchstleistung an. Auch in ihrem Buch "So coachen sich die Besten" finden sich Tipps oder auf ihrer Seite klimmer-coaching.de.
Sie trainieren Golfer. Was raten Sie einem Spieler, bei dem ein Schlag danebenging, um wieder aufzuholen?
Sofortiges Abhaken, sich ablenken. Und sich schon vor dem Spiel mit persönlichen Herausforderungen auseinanderzusetzen.
Was erreiche ich damit?
Für das Gehirn macht es keinen Unterschied, ob ich mich in eine Situation nur hineindenke oder sie tatsächlich durchlebe. Ich lerne beide Male. Wenn man Worst-Case-Szenarien durchdenkt, erarbeitet man sich Lösungsansätze.
Funktioniert das auch im Job?
Ja, wenn im Meeting eine kritische Frage kommt, bleibe ich souverän, weil ich in Gedanken schon viele kritische Nachfragen beantwortet habe. Aber oft ist man doch zu aufgeregt, um souverän zu sein. Dahinter können auch unverarbeitete Misserfolge aus der Vergangenheit stecken.
Was kann man dagegen tun?
Ich arbeite unter anderem mit der WingWaveMethode. Sie nimmt sich ein Beispiel an der REM-Phase im Schlaf, in der wir schnell die Augen bewegen und negative Emotionen wegsortieren.
Wie funktioniert diese Methode?
Man denkt an das Erlebnis, das stresst, und bewegt ebenfalls schnell die Augen. So lösen sich Blockaden. Das ist bei uns biologisch eingebaut.
Funktioniert das auch in einer akuten Stresssituation?
Klar. Noch ein Trick: mit den Fingern im Wechsel über Kreuz auf Oberschenkel oder Arm tippen.
Mehr über Druck, Fehler und Loslassen: Sie können sich verändern!
Justieren Sie Ihr Psychothermometer. Das nimmt den Druck.
LOTHAR LINZ, hat die Beachvolleyballer Julius Brink und Jonas Reckermann zu olympischem Gold geführt. Seminare und Publikationen von Lothar Linz finden Sie unter www.mentales-coaching.com
Wie sollte ich in einen entscheidenden Termin gehen?
Wichtig ist, das richtige Spannungsniveau herzustellen. Man darf nicht zu locker sein, ein bisschen Aufregung hilft – Adrenalin pusht. Zu viel davon lässt mich allerdings verkrampfen. Die Kunst ist, das richtige Maß für mich zu finden.
Wie kann ich das regulieren?
Überlegen Sie, in welchen Situationen Sie Anspannung als positiv empfunden haben. Und bewerten Sie diese auf einer Skala von eins bis zehn. So stellen Sie Ihr eigenes Psychothermometer ein. Den Wert, den Sie als für sich optimal einschätzen, versuchen Sie dann jeweils wieder innerlich herzustellen.
Was können wir da von Athleten lernen?
Sportler glauben an das, was sie leisten können. Und fühlen, dass die Anforderung genau ihren Fähigkeiten und Ressourcen entspricht. Dahin muss man sich bringen. Dann gibt es kein Überforderungsgefühl, keinen Druck, der uns überrollt.
Es geht also darum, sich nicht zu hohe, aber auch nicht zu niedrige Ziele zu setzen?
Ja, bei den olympischen Spielen hatte zum Beispiel einer meiner Spieler im Vorfeld eine Verletzung. Wir mussten die Erwartungen ein Stück runterschrauben. Und genau deswegen haben wir sie immer erfüllt. Das nennt man siegen.
Wie findet man das perfekte Maß?
Indem ich meine Ziele in viele kleine Zwischenziele aufbreche. Aber sich realistische Ziele zu setzen heißt nicht, nur mal eben abzuwarten. Man muss etwa ganz klar formulieren, was man glaubt, in einer Woche erreichen zu können.
Machen Sie Fehler. Nur dadurch können Sie sich verändern!
WOLFGANG SOMMERFELD, spielte selbst in der ersten Liga – und zwar bei den Handballern. War Trainer und berät heute Sportler oder Kunden aus der freien Wirtschaft. www.fitforsportandjob.de
Warum treffen uns Niederlagen oft so tief?
Weil sie immer auf Fehler zurückzuführen sind. Aber gerade Fehler sind wichtig. Nur durch sie entwickeln wir uns weiter.
Also lieber etwas falsch machen als gar nichts wagen?
Ja, man muss sie riskieren, um über sich hinauszuwachsen. Fehler sind wertvolle Informationsquellen, wenn man sie als solche sieht, wird man auch nicht an ihnen verzweifeln.
Aber wie ziehe ich aus ihnen die richtigen Schlüsse?
Indem ich sie gleich analysiere. Und nicht im negativen Gedankenkarussell hängen bleibe. Ich muss mich aktiv fragen: Was kann ich beim nächsten Mal anders machen? Natürlich kann ich
auch da wieder Fehler machen, nur nicht denselben, und manchmal wird es dann sogar noch schlechter – aber das gehört dazu. Nur so kann ich etwas verändern. Damit baue ich meine Stärken aus und manage meine Schwächen.
Ist Erfolg das Ergebnis ständiger Veränderung?
Ja natürlich, gerade bei Leuten, die lange ganz oben stehen. Schließlich ändern sich ja auch die Anforderungen und Erwartungen ständig. Nehmen wir den Arbeitsmarkt und die neuen Medien.
Wie kann mir das in meinem Alltag helfen?
Wenn Sie etwa einen neuen Chef bekommen, wird der einen eigenen Führungsstil mitbringen. Sind Sie von Anfang an negativ eingestellt und beharren auf dem Alten, nehmen Sie sich die Chance, etwas Neues zu lernen – und darin zu punkten.
Lassen Sie los. Denn Ehrgeiz ist oft die Angst vorm Versagen.
HOLGER FISCHER, ist unter anderem Coach von Tennis-Ass Andrea Petkovic. Sein Buch heißt: "Sie sind Ihr bester Coach: Gesundheit, Glück, Erfolg – was hätten Sie denn gern?". Noch mehr Infos unter www.hfcoaching.com
Wenn es um Leistung geht, sind wir sehr ehrgeizig. Übertreiben wir es manchmal?
Definitiv. Bei vielen ist Ehrgeiz die große Angst vorm Versagen. Die Unsicherheit, nicht alles für den Erfolg gegeben zu haben. Und das bremst.
Wie komme ich da raus?
Indem ich mich mit den Themen beschäftige, die mir wehtun, die ich sonst wegdrücke und kompensiere. Ich werde ja nicht sicherer, wenn ich meine Unsicherheit überspiele – im Gegenteil.
Sie legen das Hauptaugenmerk auf Schwächen. Aber geht es beim Erfolg nicht vor allem darum, seine Stärken auszubauen?
Erst wenn ich das Positive und Negative in mir gleichstelle und beides als Teil des Ganzen begreife, komme ich weiter.
Werden wir stärker, wenn wir unsere Schwächen annehmen?
Unsere Verletzbarkeit verschwindet nicht, aber die Dauer und Intensität werden deutlich geringer. Der innere Druck, der von meinen Ängsten ausgelöst wird, lässt nach. Wenn ich meine Verletzbarkeit annehme, verliere ich die Angst vor der Angst.
Und so kommt der Erfolg?
Er kommt zumindest leichter und man schützt sich vor gesundheitlichen Schäden.
Wie meinen Sie das?
Innerer Druck kann im Körper etwas kaputt machen. Bei Sportlern ein Gelenk, beim Manager das Herz.
Was kann ich dagegen tun?
Ausgleich schaffen. Haben Sie im Job einen hohen Leistungsanspruch? Dann vergessen Sie den Marathon-Lauf, Sie brauchen ein entspannteres Hobby! Fotografieren zum Beispiel.