Erfolgreiche Gründerinnen geben Tipps, worauf man bei der Neugründung achten muss und wie man sein eigenes Business führt.
Die Start-Up-Szene floriert, immer mehr Menschen wagen den Schritt in die Selbstständigkeit und gründen ihr eigenes Unternehmen. Obwohl der Anteil der männlichen Gründer immer noch deutlich höher ist, hat die deutsche Gründerszene heute auch immer mehr Frauen vorzuweisen. Doch wie funktinoiert das überhaupt mit dem Gründen und worauf müssen Neugründer achten? Ein gutes Netzwerk ist auf jeden Fall eine wichtige Voraussetzung für ein erfolgreiches Business. Immer beliebter werden Frauennetzwerke, in denen sich Gründerinnen zu ihren Erfahrungen austauschen können, aber auch ihr Wissen weitergeben. Eines dieser Netzwerke ist WIE – Women in E-Commerce. Wir haben mit der Initiatorin Tijen Onaran und einigen sehr erfolgreichen Gründerinnen des Netzwerks gesprochen.
emotion.de: Was genau ist WIE und wie ist das Projekt entstanden?
Tijen Onaran: WIE, Women in E-Commerce, ist ein Netzwerk für Frauen aus der E-Commerce-Branche und steht dafür, die Sichtbarkeit von Frauen aus der Branche zu erhöhen. Dabei sind Vertreterinnen des E-Commerce aus Politik, Wirtschaft, Medien, Verbänden und Organisationen angesprochen. Über Veranstaltungen in verschiedenen Städten kommen wir zusammen, sind auf Kongressen präsent und repräsentieren mit der E-Commerce eine vielseitige und spannende Branche, in der gerade auch Frauen mehr und mehr ihren eigenen Weg gehen. Ob als Gründerin oder als Entscheiderin in einem E-Commerce-Unternehmen. Beides zusammenbringen, E-Commerce und die prägenden Frauen, hat mich zur Idee gebracht, eine Plattform ins Leben zu rufen.
Tijen Onaran, Initiatorin von Women in E-Commerce und Leiterin Kommunikation beim Händlerbund
Was macht E-Commerce besonders für Frauen interessant?
Tijen Onaran: E-Commerce ist für Männer und Frauen spannend, finde ich. Laut Monitoring Report 2014 des Bundeswirtschaftsministeriums ist E-Commerce "das am stärksten wachsende Segment". Es ist eine Zukunftsbranche und bietet die Chance, möglichst schnell und mit zunächst geringerem Aufwand die eigene Geschäftsidee zu realisieren. Dennoch ist die Branche, wie die gesamte Tech-Branche, noch recht männlich geprägt – hier ändert sich aber gerade einiges und es gibt viele Frauen, die mit ihren Geschichten anderen eine Inspiration sein können. WIE setzt hier an und ermöglicht diese Inspiration – aus der Praxis, entspannt und trotzdem wirkungsvoll.
Birte Gall, Gründerin und Geschäftsführerin Berlin School of Digital Business
Was sind die wichtigsten Voraussetzungen, um zu gründen?
Birte Gall: Drei Voraussetzungen sollten angehende Gründerinnen beachten: eine belastbare Geschäftsidee zu haben, die Bereitschaft für ein hohes Energielevel mitzubringen und auch einmal mit dem Unperfektem zu leben. Die belastbare Geschäftsidee bedeutet, sich genau zu überlegen, was ich zukünftig anbieten möchte und dies bei Freunden und Familie sowie zukünftigen Kunden zu testen. Eine ehrliche Rückmeldung ist hier essentiell. Ein hohes Energielevel werden künftige Gründerinnen ständig benötigen. Wichtig ist auch, bei den Hürden, die sich auftun, das Ziel immer im Blick zu haben. Und das Wichtigste: Als Gründerin ist es unmöglich alles gleich perfekt zu machen, deshalb: Akzeptiert das Unperfekte – das macht es spannend!
Lea Lange: Neben dem Geschäftsmodell ist das Team einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren bei der Gründung. Es ist wichtig, dass die Gründer sich in ihren Erfahrung und in ihren Stärken sehr gut ergänzen, sich vertrauen und bestenfalls schon einmal zusammen gearbeitet haben. Die erste Zeit der Gründung kann sehr anstrengend und stressig sein, da muss man sich auf seine Mitgründer zu 100% verlassen können.
Wie fange ich an – welche Schritte muss ich zuallererst gehen?
Lea-Sophie Cramer, Gründerin & Geschäftsführerin amorelie.de, einem Online-Sexshop
Lea-Sophie Cramer: Eine gute Idee und das richtige Team sind essentiell. Um die Idee zu validieren und die Chance auf eine externe Finanzierung zu haben muss man einen Business-Case mit einer genauen Potentialanalyse ausarbeiten. Ich rate zudem dazu, sich mit seinem Netzwerk intensiv auszutauschen, um von guten Leuten ehrliches Feedback einzuholen. Ich halte gar nichts von "Wissenshortung" und dem "Ideen für sich zu behalten, dass sie bloß kein anderer macht" – die Idee ist meist (nicht immer!) nicht kriegsentscheidend, sondern der Erfolg hängt von der konkreten Umsetzung ab.
Anett Möller: Ohne die nötige Motivation und Freude werden einem die Arbeit und die Verantwortung schnell zu viel, deshalb kann ich nur den Tipp geben gut zu überlegen, was einem liegt und Spaß macht. Und dann geht es darum einen richtig guten Businessplan und eine detaillierte Finanzplanung zu entwickeln. Wie soll das Geschäft aussehen, wie soll es finanziert werden, wer sind Kunden, besteht überhaupt Bedarf, wie kann man sich von der Konkurrenz abheben. Es ist wichtig, den Markt erst einmal zu beobachten und zu analysieren, wo man da reinpassen könnte und ob es sich überhaupt lohnt. Und dabei nicht vergessen: Rat und Hilfe von Freunden und Experten, die das Ganze differenziert und kritisch von außen betrachten, anzunehmen und daran zu wachsen.
Wie finde ich Investoren?
Anett Möller, Moderatorin und Gründerin von dem Modelabel AMCO Fashion
Anett Möller: Mein Mann und ich bauen das Unternehmen aus eigenen finanziellen Mitteln auf. Das geht natürlich nur langsam Schritt für Schritt. Gelder anderer in Anspruch zu nehmen und Schulden zu machen, kommt für uns nicht in Frage. Wenn das Eigenkapital für den Grundstein aber nicht reicht, gibt es mittlerweile ja viele Möglichkeiten wie Crowdfunding, Kredite wie das Startgeld der KfW Bank oder Mikrokredite. Eine detaillierte Finanzplanung um die Geldgeber zu überzeugen ist dabei das A und O. Informieren kann man sich über die passenden Möglichkeiten gut bei professionellen Gründerberatern.
Birte Gall: Durch gutes Netzwerken und Recherchieren. Die Gründerszene professionalisiert sich zunehmend und einige Investoren spezialisieren sich, zum Beispiel Corporate Investors, die Gründungen in bestimmten Bereichen Fintech oder E-commerce unterstützen. Im Moment ist viel Geld im Markt. Investoren zu finden ist daher derzeit nicht so schwer. Viel wichtiger ist aus meiner Sicht die Frage, welche Anteile ein Investor vom Unternehmen haben möchte und wie finanzstark er ist, gegebenenfalls weitere Finanzierungsrunden mitzugehen.
Was machen Frauen beim Gründen anders?
Lea Lange, Gründerin und Geschäftsführerin von juniqe.com, einem Online-Shop für Poster, Fashion und Wohnaccessoires
Lea Lange: Ich glaube, dass ein wichtiger Unterschied die Art und Weise ist, wie Frauen ihre Verantwortung gegenüber ihren Mitarbeitern verstehen: seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Empathie und Bestimmtheit zu fordern und zu fördern und ihnen selbstbewusst zu zeigen, dass man Herausforderungen am besten gewachsen ist, wenn man Vertrauen in die eigene Stärke und Lernfähigkeit entwickelt.
Lea-Sophie Cramer: Ich glaube nicht, dass Frauen generell beim Gründen etwas anders machen als Männer. Ich glaube eher an unterschiedliche Gründerpersönlichkeiten (mit unterschiedlichen Eigenschaften) – unabhängig von ihrem Geschlecht. Ich persönlich habe aber schon gemerkt, dass Frauen der Inhalt ihrer Idee oft wichtiger ist als den männlichen Counterparts, für die das Potential der Idee entscheidender ist, um dafür zu brennen. Das tolle an Gründerinnen ist, dass sie oft große Risiken stärker analysieren und mehr auf eine gute Teamkultur achten – das sind beides Eigenschaften, die einem langfristig helfen können.
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