Manchmal einfach nur der Entschluss, das Bett unters Fenster zu schieben. Manchmal aber auch etwas Größeres: ein Gedanke, der zum Lebensmotto wird. Für Letzteres braucht es allerdings mehr als nur einen Geistesblitz, sagt unsere Kolumnistin.
Wenn ich vor meinem Rechner sitze und versuche, mir etwas besonders Gutes einfallen zu lassen, kommt meist wenig bis gar nichts dabei heraus. Alle Ideen scheinen sich aus dem Staub gemacht zu haben, und je mehr ich mich bemühe, sie hervorzulocken, desto weniger gelingt es. Ideen sind sehr spezielle, anspruchsvolle Phänomene. Sie kommen, wann sie wollen. Aber eine richtig gute Idee ist weit mehr als ein spontaner Einfall oder ein Gedankenblitz - es ist eher so etwas wie eine Begegnung, die wir mit etwas haben, das nicht nur aus uns selbst heraus entsteht.
Wie finde ich die Lösung?
Wir haben das Gefühl, etwas zu entdecken, etwas, das vielleicht schon da war, aber nun endlich sichtbar wird. Was aber genau sollte das sein? Wenn ich plötzlich eine Idee habe, wo der Schlafzimmerschrank stehen könnte, dann ist es etwas anderes, als wenn ich das Gefühl habe, endlich zu wissen, wie ich Job und Familie vereinbare. Und doch kommt in beiden Fällen etwas zusammen - ein Bedürfnis, ein Wunsch und eine stimmige Lösung, die sich aus den Umständen heraus ergibt, weil ich auf etwas Gutes gestoßen bin, das mir zu meinem Glück bisher zu fehlen
schien.
Wie sich Ideen entwickeln
Das Wort "Idee" meint also eigentlich eine Art Urbild, das zu einem sichtbaren Ausdruck wird - langsam oder ganz plötzlich, je nachdem. Daraus kann dann so etwas wie ein Leitfaden, ein Ziel oder eine Überzeugung werden, oder einfach nur die Entscheidung, das Bett unters Fenster zu rücken und den Schrank an die gegenüberliegende Wand.
Der griechische Philosoph Platon hat eine für seine Philosophie grundlegende Ideenlehre entwickelt, die davon ausgeht, dass wir in der Lage sind, so etwas wie das Wesentliche zu erkennen, das den Dingen zugrunde liegt - eine Idee der Liebe etwa oder der Vernunft. Dazu gehört aber auch weniger Abstraktes. Zum Beispiel die Fähigkeit, unterschiedlichste Gewächse sofort als Baum erkennen zu können, weil wir eben eine Idee davon haben, was ein Baum ist. Die höchste Idee jedoch, nach der es laut Platon zu streben gilt, ist die Idee des Guten. Das, was all unseren Handlungen zugrunde liegt, wenn wir unser Leben auf die bestmögliche Weise zu gestalten versuchen.
Die "Idee des Guten"
Platon war davon überzeugt, dass all das, was uns Sorgen macht, das Böse oder das Misstrauen in der Welt, nur daher rührt, dass wir an einem Mangel des Guten leiden. Deshalb sollten wir uns schleunigst auf den Weg machen, Gutes zu tun beziehungsweise herauszufinden, was genau das sein könnte. Vielleicht ist es also eine richtig gute Idee, die Begriffe umzukehren und uns an der "Idee des Guten" zu orientieren, und weniger an den vielen neuen, aber nicht immer wirklich guten Ideen, die um uns herumwirbeln. Entdecken und erkennen ließe sich dabei sicher einiges.
Ina Schmidt, 39, ist Philosophin und Autorin. Sie hat die Initiative „denkraeume“ gegründet, mit der sie die Weisheit großer Denker aus dem Elfenbeinturm der Wissenschaft in den Alltag holt.