Interview mit der Kristine Pogge, Organisatorin des Forum Finanzen für Frauen. Über die weibliche Scheu vor der Finanzwelt und wie der erste Schritt in die Altersvorsorge leichter fällt.
EMOTION: Mit Mathe und Wirtschaft habe ich noch nie etwas am Hut gehabt – typisch weiblich?
Kristine Pogge: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Frauen häufig kommunikative Talente sind. Daraus ergibt sich, dass sie tendenziell eher soziale Berufe ergreifen und sich für Medien- oder Kulturwissenschaftliche Studiengänge interessieren. Durch meine Tätigkeit kenne ich aber auch Frauen die einen anderen Weg gegangen sind und durchaus mathematische oder wirtschaftswissenschaftliche Fächer studiert haben. Von "typisch weiblich" kann ich also nicht sprechen auch wenn es natürlich stimmt, dass die Finanzwelt für Frauen noch nicht so attraktiv ist.
Deshalb gibt es das Forum Finanzen für Frauen, seit wann existiert es?
Im Rahmen der Deutschen Anlegermesse wurde schon 2010 von Dominik Gieß ein sogenanntes "Frauenprojekt" ins Leben gerufen. Er hatte festgestellt, dass Frauen sich an das Thema Geld nicht so leicht ran trauen wie Männer. Daraus entstand 2011 das "Forum Finanzen für Frauen", das Sarah Ketten und ich organisieren und nun von Frauen für Frauen ist.
Warum liegt es Ihnen persönlich so am Herzen ein Forum Finanzen eigens für Frauen stattfinden zu lassen?
Ich bin selbst Unternehmerin. Daraus erklärt sich meine Motivation. Ich habe keinen geraden Lebenslauf hinter mir: Zuerst habe ich bei eine Ausbildung bei der Krankenkasse gemacht, dann ein Lehramtsstudium absolviert und schon während meiner Studientage zwei Kinder bekommen. Vor einiger Zeit gründete ich dann meine Redneragentur. In der Vergangenheit hatte ich oft das Gefühl "tougher" und "männlicher" sein zu müssen um beruflich Fuß zu fassen. Meine Erfahrung haben mir aber gezeigt dass auch ein "weiblich-kommunikativer" Weg zum Erfolg führt. Ich habe mich nicht verbogen und will nun auch anderen Frauen das nötige Selbstbewusstsein geben um ihren persönlichen Weg zu gehen.
Mehr als der Hälfte der Frauen zwischen 40 und 55 droht heute die Altersarmut!
Kristine Pogge, Organisatorin des Forum Finanzen für FrauenTweet
Wie gehen Frauen mit Geld um?
Frauen gehen anders mit Geld um als Männer. Das finde ich auch gar nicht verwunderlich, schließlich können wir erst seit 1958 frei über unser Geld verfügen. Wir hatten also noch nicht so viel Zeit um den Umgang mit Geld zu lernen. Von unseren Beraterinnen weiß ich, dass Frauen ihr Geld leichter ausgeben als Männer. Eine Studie der Allianz zum Thema Versicherung hat ergeben, dass Frauen vielfach Sachversicherungen abschließen aber ihre eigene Vorsorge vernachlässigen. Mehr als der Hälfte der Frauen zwischen 40 und 55 droht heute die Altersarmut!
Nach der Abhängigkeit vom Mann droht jetzt die Abhängigkeit von der Sozialkasse?
Nicht unbedingt! Wir haben die Divise: Es ist nie zu spät zum Vorsorgen! Natürlich müssen Frauen die erst mit 40 ihre Altersvorsorge angehen andere Wege gehen, als Frauen in den Zwanzigern, aber es gibt da viele Möglichkeiten.
Wie gehe ich meine Vorsorge am Besten an?
Ich weiß, dass viele Frauen da eine kleine Hemmschwelle haben. Aber unser Forum bietet eine tolle Möglichkeit für den ersten Schritt! Sie müssen sich mit dem Thema vertraut machen und ins Gespräch kommen. Viele unserer Teilnehmerinnen waren beispielsweise überrascht, dass es häufig reicht mit 25 Euro im Monat anzufangen und sich dann im Laufe seines Berufslebens in den Beiträgen zu steigern. Die Zinsen machen’s! Sein Geld auf einem Tagesgeldkonto schmoren zu lassen mit Zinsen die gerade eben die Inflation ausgleichen ist einfach etwas blauäugig.
Bei dem Event haben Sie nur Rednerinnen geladen. Warum eigentlich?
Unsere Erfahrung zeigt, dass Frauen sich unter Frauen eher trauen, Fragen zum Thema zu stellen. Die Atmosphäre ist entspannter und es gibt mehr persönlichen Austausch. Zum Beispiel hat uns im letzten Jahr eine Teilnehmerin von Ihrer Geschichte erzählt: Sie hat studiert, geheiratet, ein Haus gebaut und dann Kinder bekommen. Eigentlich fühlte sie sich in ihrer Familie gut abgesichert, doch dann verließ sie ihr Mann für eine Andere und sie stand ohne Geld und Vorsorge da – So etwas würden Frauen niemals im Beisein von Männern erzählen.
Ich habe den Eindruck, dass Frauen sich schwer damit tun viel Geld zu verdienen.
Kristine Pogge, Organisatorin des Forum Finanzen für FrauenTweet
Brauchen Frauen denn eine andere Finanzberatung als Männer?
Unbedingt! Die "gerade Karriere" die Männer hinlegen, gibt es für Frauen häufig nicht. Familie und Haushalt sind noch immer eher Frauensache und haben natürlich Auswirkungen auf den beruflichen Werdegang. Frauen machen kleine Job-Pausen, arbeiten Teilzeit oder sind auf flexible Arbeitszeiten angewiesen. Das Geld bei Frauen fließt also nicht kontinuierlich. Finanzprodukte müssen individueller und vielschichtiger sein. Dabei macht es die passende Mischung aus verschiedenen Finanzprodukten.
Was sollten Frauen denn an Ihrer Einstellung zum Geld ändern?
Ich habe den Eindruck, dass Frauen sich schwer damit tun viel Geld zu verdienen. Dieses gute Gefühl, welches Männer haben wenn sie eine Gehaltserhöhung durchboxen konnten oder ein gutes Geschäft abschließen, kennen Frauen meist nicht. Im Gegenteil: Frauen fragen sich "Habe ich das verdient, so viel zu verdienen?" – Sie haben ein schlechtes Gewissen, anstatt sich einfach mal zu freuen!
Keine Änderung in Sicht?
Doch, da bewegt sich etwas. Frauen, die jetzt in den Job starten tun sich schon wesentlich leichter in Sachen Geldverdienen und Geldanlage. Das sind gute Aussichten!