Gabriele Medingdörfer ist seit Juli 2008 geschäftsführende Direktorin der Kosmetikmarken Estée Lauder und Tom Ford Beauty in Deutschland. Im Interview verrät Sie, warum es bei ihr so gut lief.
Mit welchem Job haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Ich habe nach meinem Sprachen- und Wirtschaftsstudium als Management-Trainee beim European Headquarter von Berlitz Schools of Languages gearbeitet. Dort war ich für Projektmanagement und Marketing eines europaweiten Multimediaprojekts mit 18 Projektpartnern in acht Ländern zuständig.
Inwiefern war dieser Job wichtig für Ihre Karriere?Als Berufsanfängerin war das für mich natürlich eine unglaubliche Chance. Ich war sofort für einen großen Arbeitsbereich verantwortlich, habe europaweit Projektpartner koordiniert und zu vielen Kunden direkten Kontakt gepflegt. Die Herausforderung war auch deshalb sehr groß, weil viele unserer Partner natürlich sehr viel mehr Erfahrung im Multimediabereich hatten, trotzdem aber von mir als Projektleiterin koordiniert wurden. Diese dreijährige Berufserfahrung war einer der ausschlaggebenden Faktoren, weshalb ich an allen fünf Business Schools, an denen ich mich später für ein MBA-Studium bewarb, auch einen Studienplatz angeboten bekam.
Welche drei Meilensteine auf Ihrem Karrierepfad waren danach wichtig für Sie?
Das 18-monatige MBA-Studium an der Rotterdam Business School mit einem Semester an der Columbia University in New York. Danach der Job als Associate bei McKinsey, bei dem ich sehr viel aus meinem Studium an Strategie- und Marketingwissen anwenden konnte und gelernt habe, einen Helikopterblick auf komplexe Fragestellungen zu werfen. Außerdem der Quereinstieg im Marketing bei L’Oréal sowie die deutsch land weite Einführung der heute größten Shampoomarke auf dem Markt: "Fructis".
Welche Menschen sind Ihnen wichtig, die Sie auf diesem Karrierepfad begleitet haben?
Mein jetziger Chef und der Personaldirektor, die mich sehr unterstützt haben. Sie haben mir das Vertrauen geschenkt und mich schon sechs Monate nach meiner Elternzeit in meinen jetzigen Job befördert. Außerdem ehemalige Kollegen, die eine Art Mentorrolle in bestimmten Phasen meines Karrierewegs übernommen haben. Und vor allem mein Mann, der mir immer zur Seite stand, wenn ich mich weiter entwickeln wollte.
Hatten Sie auch mal das Gefühl, vom Weg abgekommen zu sein?
Ich habe in der Unternehmensberatung sehr schnell gemerkt, dass mir sowohl das operative Geschäft als auch die Personalverantwortung fehlen. Aus diesem Grund bin ich nur so lange geblieben, bis ich das gelernt hatte, was ich lernen wollte, und habe mich dann zu einem Quer einstieg entschlossen. Viele bleiben zu lange in der Beratung und finden nur schwer den Weg in die Industrie, weil man ihnen nicht zutraut, operative Verantwortung zu übernehmen und Menschen zu führen. Mein Tipp: Bleiben Sie nur in einem Job oder in einer Branche, wenn es Ihnen wirklich Spaß macht, denn nur dann werden sie auch langfristig wirklich gut sein.
Welches persönliche Ziel haben Sie auf Ihrem Karrierepfad?
Mein Ziel ist es, ein Team zu führen, das Spaß an seinen Aufgaben hat und gemeinsam an einem Strang zieht. Und natürlich will ich auch die Marken- und Unternehmensziele erreichen. Wichtig ist mir, dabei immer ich selbst bleiben zu können und als Mensch zu wachsen.
Auf welchem Abschnitt des Weges befinden Sie sich gerade?
Ich bin nun bei meiner dritten Etappe bei Estée Lauder Companies angelangt: Nach meiner Position als Marketingdirektorin Clinique und Geschäftsführerin MAC Cosmetics Deutschland / Österreich / Schweiz bin ich nun Geschäftsführerin Deutschland der Marken Estée Lauder und Tom Ford Beauty. Seit Jahren führe ich große Teams und leite Marken, mit denen ich mich stark identifizieren kann, und es macht mir immer noch sehr viel Spaß.
Was ist Ihnen abseits des Pfades besonders wichtig?
Das Wichtigste in meinem Leben sind meine Familie und Freunde und seit fast zwei Jahren vor allem auch meine kleine Tochter. Sie ist momentan auch mein intensivstes Hobby. Wenn ich die Zeit finde, mache ich ansonsten gerne Sport, reise und genieße Kultur und Wellness.
Wenn andere Frauen Sie auf dem Karrierepfad ein Stück begleiten, welche drei Tipps geben Sie ihnen, damit sie ihren Weg finden?
1. Immer auf die innere Stimme hören – wo fühle ich mich wohl, worin bin ich gut?
2. Karriereschritte mit Personen diskutieren, die objektiv Ratschläge geben können und nur das Beste für einen wollen. 3. Sich etwas zutrauen – man wächst mit den Aufgaben.
Welche Stolpersteine gibt es?
Frauen sind sich selbst oft ein Stolperstein: Sie trauen sich zu wenig zu und hinterfragen sich zu oft. Außerdem gibt es zurzeit ja schon fast wieder diesen "Zurück an den Herd" -Trend. Erschreckend, wenn man überlegt, wie sehr Frauen sich damit selbst für die Zukunft beschränken, weil sie es nicht für möglich halten, einen verantwortungsvollen Job mit Kindern vereinen zu können. Aber es geht! Das beweisen viele Mütter in Deutschland und noch mehr im Ausland, wo es völlig normal ist, in den Job zurück zu gehen. Das Wort "Rabenmutter" gibt es auch nur in der deutschen Sprache!
Was zeichnet eine gute Firma Ihrer Meinung nach aus?
Eine Firma, die Mitarbeiter nach ihrer Leistung beurteilt und nicht nach dem Geschlecht. Wo Wert auf Kommunikation gelegt wird, ein offenes Klima selbstverständlich ist und jeder den anderen so behandelt, wie er selbst gern behandelt werden möchte.
Wie sieht denn ein ganz normaler Arbeitstag für Sie aus?
Einen ganz normalen Arbeitstag gibt es bei mir nicht. Wenn ich reise, startet er zwischen 7 und 8 Uhr und endet zwischen 20 und 22 Uhr. Wenn ich im Büro bin, bringe ich meine Tochter vorher in die Krippe und fange dann gegen 8 oder 9 Uhr an. Auch ein Bürotag ist jeden Tag anders. Normalerweise arbeite ich dann bis 18 oder 19 Uhr, bringe meine Tochter ins Bett und arbeite dann häufig noch zu Hause weiter. Dort checke ich meine Emails und bearbeite und lese Unterlagen.
Und wie sieht der perfekte Freizeittag für Sie aus?
Er beginnt mit einem gemütlichen Frühstück mit meiner Familie, dann spiele ich mit meiner Tochter, gehe spazieren, shoppe, treffe Freunde, mache einen Ausflug in die Berge oder an einen der vielen Seen um München. Abends gehe ich gerne mit Freunden essen.
Welche drei Dinge auf Ihrem Schreibtisch sind Ihnen besonders wichtig und warum?
Mein Blackberry, das auch gleichzeitig mein Mobiltelefon ist, denn damit bin ich immer erreichbar – auch für meine Familie. Ein Foto meiner Tochter, das mich immer daran erinnert, was eigentlich wichtig ist im Leben und eine Orchidee, die etwas Zenartiges hat und mich erdet.
GABRIELE MEDINGDÖRFER ist seit 2004 für Esteé Lauder Companies tätig. Seit Juli 2008 verantwortet sie als Geschäftsführerin die Marken Estée Lauder und Tom Ford Beauty. Sie lebt mit ihrer Familie in München.