Achten Sie genug auf Ihre Work-Life-Balance? Tun Sie es! Wie wichtig das ist - und wie Sie sie finden können - erklärt Coach Gabriele Schendl-Gallhofer in ihrer ganz persönlichen Geschichte.
Ich schaue auf einen Artikel. Überschrift: "Die Frau die alles kann". Darunter sieht man zwei Bilder mit zweimal derselben Frau. Auf dem einen als Mutter mit zwei Kindern, auf dem anderen die Businesslady, Operationsmanagerin eines internationalen Konzerns. Diese Frau war ich. Alles schien perfekt. Was man jedoch nicht sehen konnte, waren die Schmerzen, unter denen ich seit fünf Jahren litt. Sie waren nur eines: lästig. Ich versuchte Sie mit immer mehr und mehr Tabletten zum Schweigen zu bringen. "Nicht auf sie hören", lautete meine Devise, "the show must go on". Was soll ich sagen? Es funktionierte.
Immer weiter, schneller, höher, besser!
Als mir eines Tages ein neuer Job angeboten wurde, mit internationalen Aufgaben in vielen Ländern der Welt, entschieden mein Mann und ich uns für umgekehrte Rollen: Er würde als Hausmann für die Familie sorgen, ich Karriere machen. Ich war überglücklich, fühlte mich bestätigt und wertgeschätzt. Ich spürte den Wind des Erfolgs und war bereit, mit ihm zu neuen Ufern aufzubrechen. Ich hatte es ganz offensichtlich geschafft! Ich führte meine Karriere unter den gleichen Vorraussetzungen wie ein Mann. Da war jemand der auf meine Kinder aufpasste und ich kam immer in ein gemachtes Nest nach Hause. Frau, was willst Du mehr?
Ohnmächtige Wut
Doch eines Tages erwachte ich mit einem Schwindel im Kopf, der mich sofort wieder ins Bett zurückfallen ließ. Ich merkte, dass mein rechter Arm gelähmt war. Dieses Mal konnten mir auch meine ach so geliebten Tabletten nicht mehr helfen. Ich war wütend auf den Arm, wütend auf die Schmerzen, wütend auf die ganze Welt. Warum ich? Jetzt begann die Suche nach einer Diagnose. Nach unzähligen Arztbesuchen bescheinigte man mir ein "spezielles Syndrom", das leider nicht heilbar ist. Und da war er: der Fall der erfolgreichen Businesslady hin zur invaliden, hilflosen Patientin.
Nach einer Phase der Depression fand ich meinen Ehrgeiz wieder und begann nach einer Lösung zu suchen. So wollte ich mein Leben nicht akzeptieren! Nach einer Halswirbelsäulenoperation und Medikamentenentzug war ich wieder ich selbst. Natürlich suchte ich sofort nach einem neuen Job. Und genau in dem Augenblick, als ich die Zusage für eine sehr begehrte Stelle bekam – waren sie wieder da, die Schmerzen im Arm. Der physische Fehler war wohl behoben, nicht aber meine Einstellung zur Work-Life-Balance. Mit Hilfe eines Coach fand ich den Verursacher meines Schmerzsyndroms: Die Kontroverse zwischen meiner inneren und bewussten Einstellung zu "Ich bin eine Frau, Mutter und erfolgreiche Businesslady".
Endlich der Wendepunkt
Die Macht der inneren Einstellung beeindruckte mich. Die Realistin in mir wollte mehr darüber wissen. So begann ich eine Ausbildung zum Coach. Heute, elf Jahre später, begleite ich Frauen dabei, ihre individuelle Work-Life-Balance zu finden. Es ist faszinierend für mich zu sehen, dass in der Arbeit mit meinen weiblichen Coachees immer wieder die innere Einstellung der Frauen ihr bewusstes Leben massiv beeinflusst. Ich beobachte die verschiedensten Prozessrichtungen. Es gibt Frauen, die bleiben in ihrem gleichen Beruf, ja sogar in ihrer Arbeitsstelle und verändern ihre Einstellung zur Situation. Die anderen verändern ihre berufliche, die wieder anderen ihre familiäre Situation. Wichtig ist: Lassen Sie die innere und die bewusste Einstellung Hand in Hand gehen. Und finden Sie so ihre innere Work-Life-Balance.
Das Leben leben
Zum Schluss eine kurze Geschichte zum Nachdenken: "Dornröschen reloaded". Nach vielen Jahren eines langen Schlafes, wacht eine verwunschene Prinzessin auf, doch kein Prinz ist da, um sie zu erlösen. So schläft sie wieder ein. Jahre vergehen und die verwunschene Prinzessin wacht wieder auf. Sie schaut nach links, sie schaut nach rechts, sie schaut nach oben und nach unten- aber wieder ist niemand da- kein Prinz, nicht einmal ein Gärtner- der sie retten will. Und so schläft sie wieder ein. Schliesslich wacht sie nach vielen Jahren zum dritten Mal auf. Sie öffnet ihre schönen Augen und kann abermals niemanden sehn, der sie retten will. Da sagt sie zu sich: "Jetzt reicht es!", steht auf und ist erlöst. Merke: Träume nicht dein Leben, lebe es!
Gabriele Schendl-Gallhofer, 48, war Operations-Manager für die Deutschschweiz bei einem internationalen Konzern, absolvierte danach u. a. eine zweijährige Ausbildung zum Systemischen Coach und ist heute Expertin für den Durchbruch von Projekten. Seit 1999 führt sie ihr eigenes Coaching-Unternehmen in Zürich. Ihr Buch: "Du kannst auch anders. Wirkungsvoll verändern - Hand in Hand mit dem Unbewussten" (Kamphausen J. Verlag, hier bestellen). Mehr zur Person unter www.schendl-gallhofer.com.
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